Helos Diary
"Wer
hätte gedacht, wie wichtig mir diese paar Seiten noch werden würden. Als ich
dieses leere Notizbuch damals auf Caprica fand, steckte ich es intuitiv ein. Ich
wusste nicht warum, aber ich tat es. Heute ist es mein ständiger Begleiter.
Vielleicht weil ich mit niemandem über all das reden kann.“
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
„Immer
dieser Regen. Ich kann ihn nicht mehr hören. Ich kann ihn nicht mehr sehen. Was
würde ich für ein warmes Bett und trockene Kleidung geben. Und für etwas
Gesellschaft! Es ist so still hier auf Caprica, nur der Regen prasselt beständig.“
Niemand lebt hier noch, sie haben alles ausgelöscht und ich frage mich, für wen ich hier noch überleben soll. Nach dem Start des Raptors haben sich die Menschen in alle Winde zerstreut, jeder war sich selbst am nächsten und ich war froh, ihre Anwesenheit nicht mehr ertragen zu müssen. Aber diese Einsamkeit war definitiv ein schlechter Tausch.
Die
Strahlungsmedikamente gehen zuneige und immer wenn ich einen Unterschlupf
gefunden habe, tauchen diese Blechdosen auf. Ich kann nicht mehr, dabei sind es
erst 5 Tage...
In
den Wäldern Capricas...
„Ich
hab beschlossen nicht mehr wegzulaufen. Wohin sollte ich auch gehen? Niemand ist
mehr hier, außer den Cylonen. Sie jagen die verbliebenen Menschen. Gestern sah
ich, wie sie Gefangene in einen Wald führten. Ich habe Schüsse gehört und
Schreie. Ich will weg von hier, weg von Strahlung, Regen, Einsamkeit und Tod.
Ich hoffe, dieser Wissenschaftler war es wert hier zu bleiben. Mein Bein
schmerzt und die Strahlung macht mir zu schaffen, so halte ich nicht mehr lange
durch. Aber einige dieser Blechbüchsen werde ich noch mitnehmen. Das schwöre
ich bei den Göttern von Kobol.“
„Boomer
ist wieder da!!!! Ich bin nicht
mehr allein, daher habe ich hier auch schon lange nichts mehr hineingeschrieben.
Es ist seltsam, wie gut wir uns ergänzen. Sie ist voller Kraft und Energie,
manchmal habe ich Mühe mit ihr mitzuhalten. Vielleicht liegt es an der
Einsamkeit, die hinter mir liegt, aber Sharon bedeutet für mich zur Zeit alles.
Die Götter von Kobol haben sie mir geschickt, auch wenn es Wahnsinn von ihr
war, für mich zurück zu kehren. Ich würde sie so gern berühren, aber das
darf nicht sein. Aber wenn sie abends an meiner Seite liegt und wir uns
gegenseitig wärmen, tut dieses Gefühl so gut, auch wenn ich weiß, dass der
Chief lebt und auf sie wartet.
Sharon
hat von der Galactica erzählt, von den vielen Menschen, die gerettet wurden.
Viele? Eigentlich lächerlich – 50.000 von wie viel Millionen? Mein Hass auf
die Cylonen wächst nicht täglich, er wächst stündlich. Sharon redet selten
darüber, ihre Heimat ist ebenso vernichtet worden – ich würde so gerne mit
ihr darüber reden, doch sie blockt ab. Wir versuchen uns abzulenken. Wir müssen
nur einen Weg finden den Planeten zu verlassen, doch der Raptor wird zu gut
bewacht... Sharon
treibt uns immer voran. Woher nimmt sie nur diese Energie?
Caprica-City
Wir
haben in Caprica Unterschlupf gefunden. Zuerst waren wir enttäuscht, dass es
sich nur um ein automatisches Signal handelte, aber dann haben wir uns über das
Essen hergemacht. Hier ist es trocken und ich finde Zeit etwas zu schreiben.
Sharon wirkt müde und erschöpft. Das sind wir beide. Unsere neue Unterkunft
bietet uns Kobol sei Dank alles was wir zum Überleben benötigen. Wenn Sharon
schläft, beobachte ich sie, ich weiß nicht warum, irgendetwas ist anders an
ihr, etwas das mich verunsichert ohne dass ich weiß wieso. Komischerweise läuft
mit ihr alles besser, als wenn sie ein Zylonenradar hätte.
„Noch
etwas ist seltsam. Diese Frau, blond, sie hätte tot sein müssen. Ich habe
gesehen wie Sharon sie erschossen hat, sie starb in meinen Armen und doch
marschierte sie in Front der Cylonen-Blechbüchsen auf den Stall zu, in dem wir
uns versteckten. Wie kann das sein? Sharon weicht mir aus, wenn ich dieses Thema
anspreche.
„Wieder
auf der Flucht. Als ich aufwachte, war Sharon fort gewesen. Einfach verschwunden
und alles in diesem Cafe war zerstört. Ich will nicht wieder allein sein. Ich
will vor allem nicht ohne Sharon sein. Sie bedeutet mir mehr als ich dachte. Es
waren nur kurze Momente der Zärtlichkeit in mitten all dieser Unwirklichkeit
gewesen, aber sie bedeuten doch alles. Ich vermisse sie und ich werde sie finden
und wenn ich ganz Caprica absuchen muss!“
Ich
weiß eigentlich nicht wie, aber ich habe sie gefunden. Sie haben sie gefoltert
und wir mussten schnell fliehen. Sie macht nie Pause... treibt mich immer vorwärts...
Caprica
– in der Nähe des Raumhafens
Sie
ist eine von Ihnen! Ich weiß nicht was sie ist, aber ich habe dort am Raumhafen
die blonde Frau gesehen und Sharon. Sie ist eine Cylonin, sie ist für die fast
vollständige Ausrottung meines Volkes verantwortlich und ich hab sie nur
Minuten vor dieser bitteren Erkentnis geküsst. Was habe ich da überhaupt geküsst?!
Einen Klon? Eine Maschine? Es fühlte sich nicht an wie eine Maschine.
Caprica
„Sharon ist schwanger! Das Kind ist von mir! Mein Kind!? In all diesem Chaos und dem Tod haben wir neues Leben gezeugt. Wie absurd ist das? Ein Kind. Sie trägt mein Kind unter ihrem Herzen!!!!!!
"Mein
Kind unter ihrem Herzen – wie seltsam das alles jetzt klingt. Hat sie überhaupt
ein Herz oder ist das nur ein Mechanismus in ihrem Körper? Ein kleiner Bolzen,
der im Takt an ein Blech klopft und dieses leise vertraute Pochen erzeugt? Sie
sieht so echt aus, sie hatte sich so echt angefühlt. Jetzt weiß ich auch,
warum sie nie müde wurde auf Caprica. Wie blind bin ich nur gewesen. Ich Idiot.
Ja das bin ich, ein riesengroßer Idiot! Und ich verteidige sie auch noch. Warum
habe ich Starbuck nicht erlaubt sie zu erschießen, es wäre für uns alle
besser gewesen. Ich selbst war ja nicht in der Lage dazu.
Überall
an Bord schlägt Sharon Hass und Abscheu entgegen, jeder würde sie am liebsten
töten und Baltar will sie als Laborratte benutzen. Eigentlich haben sie Sharon
bereits getötet, einfach niedergeschossen wie ein Tier. Einen Menschen zu
erschießen, dafür wäre
Cally lebenslang in den Bunker gegangen, aber sie hatte ja nur Cylonen-Sharon
getötet und so kriegte sie nur drei Monate Bunker. Drei Monate für Mord! Aber
war es Mord? Die Präsidentin und Adama nennen sie nur das „Ding“. War es
Mord? Kann man etwas töten, was nicht wirklich lebt? Ist Sharon nur ein Ding?
Habe ich 50 Tage auf Caprica mit einem Ding zusammengelebt? Kann dieses Ding
mein Kind in sich tragen? Sharon spricht immer von einem großen Plan. Heißt
das, die Zeugung eines Kindes mit mir, Carl C. Agathon, wäre Teil des großen
Planes? Das ist doch krank!
Niemand
spricht mit mir, manchmal halte ich das nicht mehr aus. Die meisten meiner
Freunde sind im Kampf gestorben. Ich habe versucht mehr zu erfahren, aber Apollo
weicht jedem Gespräch mit mir aus. Ich fühle mich hier so einsam wie zuvor auf
Caprica, vielleicht sollte ich mir einen Raptor nehmen und all dies hinter mir
lassen. Nur Starbuck spricht mit mir und meistens erklärt sie mich für irre,
obwohl sie mindestens genauso verrückt ist wie ich. Sie glaubt an die
Prophezeiung, an die Präsidentin. Auch Sharon hat von der Prophezeiung geredet.
Vielleicht bin ich irre, aber ich liebe Sharon... und habe gleichzeitig Angst
vor diesem Gefühl. Es ist seltsam.“
„Mit wem sollte ich über meine Gefühle reden, schließlich bin ich der Freak, der eine Maschine liebt. Mit dem Chief? Nein, der hasst mich. Ich werde Vater! Früher hätte ich Freudentänze veranstaltet, ich hatte sieben Geschwister daheim auf Virgon, ich wollte immer eine Familie gründen und ein Vater werden, wie es meiner war. Es ist komisch, erst jetzt wird mir wirklich bewusst, was und wen ich alles beim Angriff der Cylonen verloren habe. Vorher war keine Zeit gewesen. Jetzt habe ich viel Zeit, es redet ja niemand mit mir. Ich habe bereits nachgefragt, nur ein Transporter hat es von Virgon geschafft, 2300 Menschen, aber niemand mit dem Namen Agathon. Vielleicht sollte ich dieses Buch nutzen, meine Erinnerungen an sie niederzuschreiben, damit wenigstens etwas von ihnen in diesem Universum überlebt. Wenn wir die Erde finden, werde ich ihnen ein Grab errichten, ein Grab für meine Familien, meine Heimat, für mich.
Morgen
brechen wir nach Kobol auf...“
„Der
Chief und ich sind aneinander geraten. Es war seltsam, wir erkannten plötzlich,
dass wir beide den gleichen inneren Kampf austragen. Er hat mir von der anderen
Sharon erzählt, er glaubt, dass sie nicht wusste, was sie war. Ich beginne zu
begreifen, warum Sharon für alle der Inbegriff des Bösen ist, ein Monster,
dass es nicht verdient zu leben. Aber meine Sharon ... meine Sharon, wie absurd das klingt ... wusste immer wer und
was sie war und warum sie mit mir geschlafen hatte. Sie hat mich benutzt und nun
trägt sie ein Kind unter ihrem... was auch immer!
Sie
hat mir von dem großen Plan erzählt, von ihrem Gott, aber ich begreife es
nicht. Sie löschen die Menschen aus und streben doch Menschlichkeit an?“
Kampfstern
Galactica - 19 Tage zurück
„Ich habe Angst um Sharon, ich besuche sie jeden Tag in ihrer Zelle. Der Admiral und die Pegasus haben alles verändert. Starbuck und Apollo wurden auf den anderen Kampfstern beordert und hier herrscht Schweigen. Ich hatte angefangen, an die Erde zu glauben, jeder Mensch braucht etwas an das er glauben kann, ein Ziel! Jetzt sollte das alles falsch sein?“