Earth 2

Gewarnt

Devon war zufrieden. Sie waren in den letzten Tage gut voran gekommen. Der Transrover hatte vor zwei Tagen seinen Geist aufgegeben, doch Danziger hatte ihn innerhalb von 3 Stunden wieder zum Laufen gebracht.

Devon beobachtete Danzinger und True. Sie packten gerade ihre Taschen nach einer sehr kalten Nacht. True war sichtlich verschlafen. Mit müden Augen schaute sie sich im Lager um.

Devon ließ ebenfalls ihre Augen durch das Lager wandern. Baines half Alonzo in den ATV. Der Pilot schien frustriert auf diese Hilfe angewiesen zu sein. Julia kam dazu und untersuchte Alonzos Schiene.

Es war eine zusammengewürfelte Truppe, aber eine gute. Das hatten die vergangenen Monate bewiesen. Selbst Morgan und Bess hatten sich in die Gruppe eingefügt. Das war vor allem Bess zu verdanken, die ihren Mann ganz gut zu lenken wußte.

"Devon." Yale kam aus dem Zelt zu ihr hinüber. "Uly ist mal wieder nicht wach zu bekommen. Vielleicht versuchen sie einmal ihr Glück."

"Na der kann was erleben. Wir wollen zeitig los." Devon erhob sich und stakste steif Richtung Zelt.

"Uly?" Der Junge lag dick eingemummelt in seinem Schlafsack. "Komm schon kleiner Mann, die anderen warten schon." Keine Reaktion, nicht mal ein unwilliges Brummen, wie sie sonst zu Ohren bekam."

"Uly?!" Devon hatte ein ungutes Gefühl und zog die Decke zurück. Uly lag mit angespannten Gesicht in tiefem Schlaf. "Komm schon, wach auf." Keine Reaktion. Unter seinen Augenliedern konnte sie Aktivität erkennen. Er schien zu träumen.

"Devon." Yale zog die Zeltplane zurück. "Mit Alonzo stimmt was nicht. Er ist grade zusammen gebrochen."

"Yale, ich bekomme ihn nicht wach. Er scheint zu träumen."

"Vielleicht haben die Terrianer mit ihm Kontakt aufgenommen."

"Yale, frag Julia, ob Alonzo auch träumt."

Sie wandte sich wieder ihrem Sohn zu. Die Situation ängstigte sie. Sie war einen Frau, die immer alles unter Kontrolle haben wollte, in einer solchen Situation hatte sie die Kontrolle nicht. Sie machte sich immer Sorgen um Uly. Sie wußte, daß er wieder gesund war. Aber sie hatte ihn 8 Jahre lang umsorgt und umhegt, das streifte man nicht so schnell ab.

"Devon, Yale sagt mir mit Uly stimmt was nicht."

"Ich bekomme ihn nicht wach, Julia."

"Ich glaube sie brauchen sich keine ernsten Sorgen machen. Er schläft nur und träumt. Es ist allerdings seltsam."

"Was ist mit Alonzo?"

"Er sackte plötzlich zusammen und befand sich in dem gleichen Zustand wie Uly. Er träumt." Auch Julia konnte ihre Bedenken nicht ganz verbergen. "Ob es die Terrianer sind?"

"Aber wieso?"

"Vielleicht wollen sie uns etwas mitteilen?"

Devon sah besorgt zu ihrem Sohn. Sie würden warten müssen bis die beiden wieder erwachten. Schweren Herzens verließ sie das Zelt.

"Yale, bleibst du bitte bei Uly." Sie sah, das Julie ihr folgte und begab sich in die Mitte des Lagers. Sie sah das sich die Aufmerksamkeit der Leute auf sie richtete, bis auf Danziger und Baines, die sich um Alonzo kümmerten.

"Wir werden wohl noch etwas hier bleiben. Anscheinend wollen sie Terrianer uns etwas mitteilen."

***

Alonzo hatte sich gerade noch über Julia geärgert, die ihn wieder mal nur wie einen Patienten behandelte, als ihm plötzlich die Beine wegsackten. Eine unendliche Müdigkeit überkam ihn und er schloß die Augen. Schlagartig drehte sich alles vor ihm. Berge, Bäume und Felsen wirbelten vor seinen geschlossenen Augen und ihm wurde schwindelig. Langsam ebbte die Drehung ab und er sah, daß er sich in einem schmalen Tal befand. Er spürte sie bevor er sie sah.

Um ihn herum schoßen Terrianer aus dem Boden. Sie standen so dicht, das Alonzo sich von ihnen regelrecht eingekesselt fühlte. "Hey, was soll das?"

Doch er bekam keine Antwort. Im Gegenteil, die Terrianer kamen näher und er hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Sie senkten ihre Stäbe und Alonzo geriet in Panik.

Plötzlich entstand eine Lücke und Uly drängte sich zwischen sie.

Alonzo schnappte nach Luft. "Uly, was machst du hier."

"Sie haben mich hierher geholt." Uly zeigt auf die sich zurück ziehenden Terrianer.

"Was wollen sie?"

"Ich weiß es nicht, aber ich habe Angst."

"Schon gut Uly, sie werden dir nichts tun."

"Ich weiß das, aber sie sagen, daß wir Angst haben müssen."

Alonzo sah den Jungen verwirrt an. Ja, er hatte recht. Das war auch sein Gefühl. Es kam ihm vor als wollten sie ihn warnen, ihn ängstigen.

Wie zur Bestätigung begann sich das Tal um ihn herum wieder zu drehen. Uly klammerte sich ängstlich an ihn. Immer schneller drehte sich alles. Plötzlich begannen sie in den Boden einzusinken. Treibsand. Sie versanken im Boden.

"Mum! Alonzo!"

Alonzo nahm Uly auf den Arm, hielt ihn hoch. Es ging rasend schnell, der Sand verschlang, war überall. In seinen Augen, seinem Mund. Der Pilot verlor gänzlich die Orientierung. Er geriet in Panik und ihm wurde schwarz vor Augen.

Das nächste was er hörte war Uly. "Laßt ihn in Ruhe." Alonzo war zunächst nicht klar, worauf sich Uly bezog. Doch dann sah auch er die kleinen Tiere, die um einen Terrianer herumschwirrten. Sie wirkten wie aggressive Hornissen. Sie summten hektisch um den Terrianer herum, der abwehrend mit den Armen ruderte.

Alonzo sah sich um, sie waren in einer Höhle, die sich hinter ihnen in ein steiles Tal öffnete. Er lenkte Uly zu dieser Öffnung, während der Terrianer sich in den Boden flüchtete. Die Insekten schienen ein Weile ratlos über dem Boden zu schwirren, dann flogen immer mehr in ihre Richtung.

"Lauf, Uly, los beeil dich." Er schob den Jungen vor sich her Richtung Höhlenausgang. Hinter ihm wurde das Summen lauter . Alonzo wagte einen Blick nach hinten. Die Insekten bildeten eine dichte, bedrohliche Wolke, die sich ihnen immer mehr näherte. Uly rannte so schnell er konnte und plötzlich war er verschwunden. Als Alonzo den Rand der Höhle erreichte und runter schaute, sah er Uly fallen. "Neeein!" Was sollte dies alles, war es noch ein Traum?

Dann war die Wolke über ihm und hüllte ihn ein. Alonzo erfaßte Panik und er sprang hinter Uly her. Sie stachen ihn, er schlug um sich und fiel und fiel und....

***

Danziger arbeitete mit True am Transrover. Unter der Zeltplane an der Sonnenseite des Fahrzeugs konnte er Alonzo stöhnen hören. Der Pilot träumte und wie es sich anhörte, war es kein angenehmer Traum.

"Bess helfen sie mir ihn fest zu halten." Das war Dr. Heller.

"Dad, wovon träumt er?"

"Ich weiß es nicht True, er scheint einen Alptraum zu haben."

"Ich träume manchmal von unserem Absturz, dann hab ich auch Angst."

"Ich weiß." Er drückte seine Tochter an sich. "Machst du hier weiter?" Als True im zunickte, lächelte er. Seine tapfere kleine Große. Er wandte sich um und kletterte vom Fahrzeug, vielleicht konnte er den beiden Frauen helfen.

Unter der Zeltplane, war Alonzos Hängematte gespannt. Der Pilot war schweißgebadet und wälzte sich unruhig hin und her. Die Frauen bemühten sich ihn ruhig zu halten, damit er sein Bein nicht weiter verletzte.

Yale kam unter die Zeltplane. "Dr. Heller, Devon bittet sie einmal nach Uly zu sehen." Er besah sich den Piloten. "Er ist in dem gleichen Zustand wie Alonzo. Devon macht sich Sorgen."

Danziger sah Julias besorgten Blick zu Alonzo. "Gehen sie ruhig Julia. Ich bleibe bei ihm und helfe Bess."

"Danke John."

Danziger übernahm ihren Platz an Alonzos Seite. Der Pilot wälzte sich und stammelte unverständliches Zeug. Seine Atmung wurde hektischer. "Lauf Uly." Alonzo versuchte wild mit den Armen zu rudern, als würde er sich wehren. Bess hatte große Mühe ihn zu halten. Und dann stieß er einen gellenden Schrei aus und riß die Augen auf. Panik war darin zu sehen. Zur gleichen Zeit hörte John auch Uly im Zelt nach seine Mutter schreien.

"Ruhig Alonzo." Bess streichelte beruhigen seinen Kopf und hielt seine Hand. Mit der anderen Hand klammerte sich Alonzo an Danzigers Unterarm. Er hielt sich regelrecht daran fest und drückte so fest, daß John sein Gesicht vor Schmerzen verzog.. Langsam realisierte der Pilot, wo er war, doch sein Atem ging noch immer hektisch und stoßweise.

"Hey Alonzo, was war los?" Danziger war bemüht ihn in die Wirklichkeit zurück zu holen.

"Ich...ich bin gefallen, mit Uly. Wo ist er? Geht es ihm gut?"

"Ganz ruhig, Devon kümmert sich mit Julia um ihn. Es geht ihm gut. Sie sind gefallen?"

"Ja. In die Schlucht, weil..." Alonzo rang nach Atem.

"Alonzo? Uly bestand darauf sie zu sehen." Devon kam mit einem verstörten und erschöpften Uly auf den Arm unter die Zeltplane. Als Uly den Piloten sah, reckte er die Arme zu ihm. John nahm der sich sträubenden Devon ihren Sohn aus dem Arm und hob ihn dem Piloten entgegen. Uly klammerte sich an Alonzo und Alonzo an ihn. Beide zitterten und waren völlig erschöpft.

"Ruhig Uly. Es ist vorbei."

Doch Uly war nicht zu beruhigen, er hielt sich einfach nur fest. Devon sah besorgt auf ihren Sohn. "Was ist passiert Alonzo? Waren das die Terrianer?"

"Lssen sie ihnen Zeit Devon." Julia überprüft mit Hilfe ihres Diagnosehandschuhs die Vitalfunktionen der beiden. "Sie stehen unter Schock." Uly war stiller geworden und und hatte sich beruhigt und auch Alonzos hatte die Augen geschlossen. Doch diesmal schien der Schlaf ruhig und fest zu sein.

"Geben wir ihnen etwas Zeit. Wir sollten das Lager abbrechen." Julia sah Devon ernst an. "Keine Sorge Devon, ich bleibe bei ihnen."

Zögernd löste sich die Gruppe, die sich um den Transrover gebildet hatte auf. Nur Julia und Danziger blieben dort.

Was passiert war machte John Sorgen, die Terrianer würden so etwas nicht ohne Grund tun. "Julia, ich könnte auf der Lagerfläche des Transrovers eine Ecke herrichten, auf der sie sich weiter ausruhen könnten."

"Ich weiß nicht ob wir schon weiterfahren sollten."

"Wir müssen Julia, die Berge vor uns werden bald mit Schnee bedeckt sein, dann sitzen wir hier fest."

***

Die beiden waren nicht einmal aufgewacht, als man sie auf den Transrover legte. Julia hatte an ihrer Seite platz genommen und paßte auf die beiden auf. Devon lief die ganze Zeit nebenher, um immer in Reichweite ihres Sohnes zu sein. Danziger saß mit True im Führerhaus, während das schwere Gefährt hinter der Gruppe Kolonisten herfuhr. Sie waren schon seit 4 Stunden unterwegs und folgten dem Talverlauf in die Berge. Ein Fluß schlängelte sich durch die Talsohle, während links und rechts die Talwände empor wuchsen.

Julia kontrolierte erneut die Atmung Ulys, als Alonzo plötzlich hochschreckte.

"Ruhig Alonzo. Es ist alles in Ordnung." Der Pilot sah sich etwas orientierungslos um. "Wir sind aufgebrochen und schon ziemlich weit gekommen."

"Nein, nicht weiter fahren." Er drehte seinen Oberkörper herum und versuchte an die Scheibe der Fahrerkabine zu klopfen, war aber zu schwach. Mit flehendem Blick drehte er sich zu Julia. "Julia, er soll anhalten, bitte."

Julia beugte sich vor und gab John Signal anzuhalten. Als der Wagen zum Stillstand kam, kletterte Devon gleich hinauf um nach ihrem Sohn zu sehen. Auch Danziger kam nach hinten. Und nach und nach versammelten sich die anderen Kolonisten um den Transrover.

Als Alonzo die erwartungsvollen Gesichter sah wurde ihm mulmig. Warum mußte er es sein, der den Kontakt zu den Terrianern hatte.

"Alonzo, was ist denn. Was ist mit ihnen und meinem Sohn passiert?"

Der Pilot wußte nicht wie er ausdrücken sollte was er erlebt und gefühlt hatte.

"Sie wollten uns warnen." Uly hatte sich an die Seite seiner Mutter gedrückt und sah zu Alonzo hinüber. "Aber sie haben mir Angst gemacht." Devon zog ihren Sohn schützend an sich.

Genau das wollten sie, dachte der Pilot. Da war ein Terrianer, er wehrte sich. "Insekten."

"Was sind Insekten?" True lugte über die Schulter ihres Vaters.

"Kleine Lebewesen." Erklärte ihr Vater und hielt seine Finger ca. einen Zentimeter auseinander um ihre Größe anzudeuten.

"Die waren aber viel größer," warf Uly ängstlich ein. "Und dann sind wir gefallen."

Alonzo sah Uly an. "Ja Uly fiel in die Schlucht. Und ich bin ihm gefolgt auf der Flucht vor diesen Insekten. Sie waren Fingerlang und es waren hunderte. Ein ganzer Schwarm. Sie hüllten mich ein und stachen. Es tat fürchterlich weh." Er bemerkte, wie er bei diesem Gedanken wieder zu zittern anfing. Seine Hand umklammerte eine Strebe und die Fingerknöcheln traten weiß heraus.

"Alonzo, es war ein Traum."

"Nein Devon. Es war mehr. Ich geriet in Panik und sprang in den sicheren Tod um ihnen zu entgehen."

"Und du meinst, die Terrianer wollten uns vor einer drohenden Gefahr durch diese Insekten warnen." Julia machte sich Gedanken. Insekten benutzen oft Gifte um sich zu verteidigen. "Aber warum sollten sie uns angreifen. Insekten verteidigen sich in der Regel nur."

"Das ist nicht ganz richtig Dr. Heller." Yales Stimme erklang hinter ihr. "In der Geschichte der Erde gab es immer wieder sehr aggressive Insektenstaaten, die Mensch und Tier angriffen, wenn man in ihr Terretorium eindrang."

"Dann sollten wir so etwas vermeiden."

"Zu spät." Alonzo blickte sich in der Gegend um und auch Uly machte ein entsetztes Gesicht als er über die Schulter seiner Mutter schaute. "Da." Er wies auf einen steilen Hang. Auf ca. 80 m Höhe klaffte ein großes Loch in der Felswand.

All reckten erschrocken ihre Köpfe. Sie sahen einen riesigen Höhleneingang und eine dunkle Wolke vor ihr. Danziger schnappte sich ein Fernglas und als er hindurch sah, klappte sein Unterkiefer herab.

"True, Uly, sofort in den Transrover!" True erkannte die Dringlichkeit in den Worten ihres Vaters und Devon schubste ihren Sohn Richtung Fahrertür.

"Alonzo hat nicht übertrieben."

"Was sehen sie Danziger?"

"Hunderte und sie sind sehr groß." Er riß sich das Fernglas von den Augen. "Wir müssen uns schützen. Die Frauen und Kinder sollten sich in die Fahrerkabine zwängen, da sind sie sicher."

"Was ist mit uns." Das war Morgans kreischende Stimme.

"Die anderen packen die Zeltplanen aus. Yale, montieren sie Zeros Kopf auf das Sandrail." Danziger nahm erneut, das Fernglas an die Augen. In die Wolke war Bewegung gekommen. Danziger sah, das sich die Frauen in das kleine Führerhaus des Transrovers quetschten. Bis auf Julia hatten alle Platz gefunden. "Kommen sie Julia."

Danziger schmiß eine der Zeltplanen über Julia und Alonzo, der keine Chance zur Flucht hatte. "Sie kommen." Danzigers Kopf ruckte herum. Die Wolke hielt nun auf sie zu und nicht alle würden auf dem Transrover Platz finden.

"Hier her." Yale hatte sich eine der Zeltplanen gegriffen und rannte Richtung Fluß. "Kommt, Insekten meiden den Kontakt mit Wasser."

Danziger erkannte Yales Plan und wünschte sich auch im Fluß sein zu können, doch er konnte Alonzo und Julia nicht einfach hier lassen. Ein wildes Summen, ein regelrechter Sturm kam auf sie zu und mit einem letzten Blick versicherte er sich, daß sich alle in Sicherheit gebracht hatten. Er schlupffte unter die Zeltplane zu den beiden und bemühte sich die Löcher am Rand der Zeltplane zu stopfen.

Julia klammerte sich an Alonzo, der Panik in den Augen hatte.

Und dann war um sie herum nur noch ein Tosen und Brausen. Die Frauen im Führerhaus begannen zu schreien und John fragte sich, ob True hier hinten bei ihm nicht sicherer gewesen wäre. Doch das sollte sich als Irrtum herausstellen. Immer mehr Insektenkörper prallten auf die Zeltplane und vor jedem noch so kleinen Schlitz sammelten sich unzählige Insekten.

"Sie werden hier herein kommen." Julia Stimme schwankte. "Wir müssen hier weg."

Damit hatte sie recht. Sie mußten weg. Danziger nutze jede Hand und jedes Bein um die Plane geschlossen zu halten. "Julia, dort drüben, halten sie die Plane fest." Julia langte hinüber und schloß das Loch.

Zuerst hörte Julia das Piepen nicht, doch dann zog sie mit der freien Hand ihr Headset aus der Tasche. Es blinkte.

 

Sie setzte es auf und hörte Yales Stimme. "Julia, wie sieht es bei ihnen aus?"

"Wir halten das nicht lange aus." Sie mußte schreien um das Summen zu übertönen.

"Wir werden von der Strömung abgetrieben, können aber nicht unter der Plane hervor kommen. Sie sind nicht so Wasserscheu wie ich dachte."

Danziger beugte sich zu Julia. "Was ist los?"

"Yale sagt sie werden abgetrieben."

"In welche Richtung?" Bei der Geräuschkulisse mußte er schreien. Immer lauter wurde das Gebrumme und immer mehr Insekten prallten gegen die Plane. Julia sprach in das Headset.

"In die Richtung aus der wir gekommen sind."

Gut, das war das sicherste. "Sagen sie ihm, wir versuchen zu folgen. Er soll Zero mit den kleinen Fahrzeugen in Gang setzen"

Während Julia mit Yale sprach oder viel mehr in das Komunikationsgerät schrie, überlegte Danziger wie er True oder Devon klar machen konnte, daß sie wenden sollten. Vermutlich war es vorne so eng, daß keiner sich rühren konnte.

"Alonzo, kommen sie an die Wand?" Er zeigte auf die Rückwand des Führerhauses und macht Alonzo Zeichen dagegen zu hämmern. Jetzt hatte ihn der Pilot verstanden.

Er zog sich nach vorn und hämmerte mit aller Kraft gegen die Wand. Er hoffte sie würden von selbst auf die Idee kommen, was sie sollten.

Doch plötzlich sprang der Motor des Transrovers an. Jemand davorn schien mit zu denken. Das Fahrzeug begann sich ruckweise zu bewegen. Bei dem Getöse vermochte John nicht zu sagen in welche Richtung sie fuhren. So war er auch von einem plötzlichen Richtungswechsel derart überrascht, daß er das Gleichgewicht verlor.

"John!" Alonzos Schrei brachte Julia auf den Plan, die mit einer schnellen Fußbewegung das entstandene Loch zu stopfen versuchte. Doch sie konnte nicht verhindern, daß einige der Insekten eindrangen.

***

"Bess ihr Bein!" Devon versuchte das Bein der Frau aus ihrem Bauch zu bekommen.

"Entschuldigen sie Devon." Bess hatte besorgt zum Fluß geschaut. Dann wurde die Sicht verdunkelt von hunderten von Insektenkörpern. Sie prallten ohne unterlaß mit einem Knallen gegen die Scheiben. Chitin. Devon erinnerte sich daran, daß Yale mal erzählt hatte, das Insektenkörper aus hartem Chitin bestehen. Uly klammerte sich an sie und schrie. Schützend hielt sie ihn an sich gedrückt. Sie waren zu siebt hier drin. Die beiden Kinder, Bess, drei weitere Kolonnistinen und sie. Alle schrieen wild durcheinander. Bess versuchte True zu beruhigen.

"Dad, was ist mit Dad?" Sie blickte angstvoll zum Rückfenster, konnte aber nur eine Wolke aus Insektenkörpern erkennen.

Bess versuchte sie zu beruhigen, doch True wehrte ihre Hände ab. "Wir müssen ihnen doch irgendwie helfen."

Bess zog sie zurück. "Dein Vater ist unter der Plane in Sicherheit." Bess blickte zu Devon. Auch Devon wußte, das dies eine Lüge war. Oder eine Hoffnung. Sie mußten etwas tun. Devon versuchte zu erkennen was draußen vor sich ging. Die Männer im Fluß waren nicht zu sehen.

"Bess dort, die Fahrzeuge wenden."

"Das ist Zero. Er wendet."

Devon kam ein Gedanke. "True, willst du deinem Vater helfen?" True sah sie mit verweinten Augen an.

"Ja."

"Kannst du das Steuer übernehmen und wenden?" True nickte.

"Dann los, macht Platz für sie."

Sie meinte kurz ein Pochen zu hören, konnte es aber nicht zu ordnen. Dann sprang der Motor an und setzte sich ruckend in Bewegung.

"Ich kann aber nichts sehen." True sah angestrengt durchs Fenster, doch eine Wolke von Körpern nahm ihr jede Sicht.

"Versuch es hiermit." Bess drückte einen Knopf und die Scheibenreinigungsanlage spritzte Wasser auf die Scheiben.

"Ja, es funktioniert."

True rangierte etwas unbeholfen, da sie auf Bess Schoß saß, doch nach und nach standen sie entgegen ihrer ursprünglichen Fahrtrichtung. "Und jetzt weg hier."

In der Ferne sahen sie Zero mit den kleinen Fahrzeugen um eine Felsspitze biegen. "Fahr ihnen hinterher, True."

Devon sah besorgt nach hinten. Noch immer umschwirrten die Insekten den Rover, doch nach einigen Minuten hatte sie das Gefühl, es würden weniger. True wandte sich ihr mit fragendem Gesicht zu. "Können sie sehen wie es meinem Dad geht?"

Devon konnte nicht viel erkennen. Die Zeltplane war noch immer auf der Ladefläche und bedeckte John und die anderen zwei. Was Devon beunruhgte, war die Tatsache, daß sie keine Bewegung sah. Sie drehte sich nicht um als sie sagte: "Sie sind noch da True, fahr weiter." Devon hatte Angst, True würde in ihren Augen ihre Befürchtungen erkennen. Wenn sie es doch gemerkt hatte, so ließ sie es sich nicht anmerken. Sie fuhr mit Tränen in den Augen weiter.

Auch Devon hatte Tränen in den Augen, nun wußte sie warum der Traum Uly so erschüttert hatte. Und das schlimmste für sie war, daß er es zweimal durchmachen mußte. Devon sah zu Bess hinüber, die immer wieder zum Fluß hinüberstarrte.

Wenn es ein nächstes mal geben würde, würde sie dafür Sorgen daß niemand getrennt wird. True nicht von ihrem Vater und Bess nicht von ihrem Morgan.

Das Anstürmen der Insekten ließ nach. Am Ende waren es nur noch einzelne, doch sie mußten noch weiter 10 Minuten fahren um aus der Reichweite der Tiere zu sein. Zwischendurch entstand Hektik, als Bess das Zelt, unter dem die Männer im Fluß Schutz gesucht hatten, im Fluß treibend zu sehen war. Bess war kaum zu halten als sie anhielten und die Türen öffneten. Sie rannte gleich zum Fluß.

Ein Schwal kühler Luft rief die geschockten Frauen im Fahrerhaus in die Realität zurück. "True, warte." Devon hielt das Mädchen zurück. Devon wollte nichts riskieren. Um die Plane herum, eigentlich auf dem ganzen Fahrzeug lagen tote Insekten. Devon hatte das erste mal Zeit, sich die kleinen grün-roten Körper anzusehen.

Sie hatten vier Flügel und einen langen Stachel an der Vorderseite, wenn es ihre Vorderseite war.

"Dad?" Der besorgte, weinerliche klang Trues Stimme brachte sie in die Realität zurück.

"Danziger, Alonzo, Julia? Seid ihr in Ordnung?" Devon begann mit ihrer Jacke die toten Tierkörper von der Plane zu streifen als die Männer, allen voran Yale, triefend naß und erschöpft auf den Wagen zugestapft kamen. Bess stützte ihren Mann, der sich gleich auf den Boden sinken ließ.

Doch Devon konzentrierte sich auf die Plane. Mit der rechten Hand hob sie die Plane an. In dem Moment rührte sich etwas . Devon hatte Angst ein weiteres Insekt könne darunter sein, doch dann schob sich die Hand Julias unter der Plane hervor. Devon schob die Plane weiter beiseite. Sie hatten sich in die Plane eingerollt, ein Wunder wenn sie nicht erstickt waren.

"Devon?" Julia blinzelte in die Sonne. Yale und Baines kammen ebenfalls hoch um ihr zu helfen. Julia sah furchtbar aus. Blaß und mit glänzender Haut.

"Was ist mit ihnen?" Noch bevor sie antworten konnte brach sie in Yales Armen zusammen. Hinter ihr kamen die beiden bewußtlosen Männer zum Vorschein. Zwischen Ihnen lagen ca 7 tote Insektenkörper.

"Helft mir sie herunter zu holen."

"Was ist mit meinem Dad?" Devon fühlte Johns Hals. Er lebte. Auch bei Alonzo konnte sie einen Puls feststellen.

Bess hielt True von hinten zurück. "Sie sind gestochen worden, kleines. Aber er lebt und wir kümmern uns um ihn." Sie hatte Devons erleichterten Blick gesehen.

***

Sie hatten sich noch gut hundert Meter weiter zurück gezogen und eine Wache aufgestellt, die sie vor weiteren Attacken warnen sollte.

Sie hatten ein Zelt aufgebaut und es hermetisch abgeriegelt. Die drei verletzten lagen auf Pritschen. Die Männer lagen bis auf Yale im tiefen erschöpften Schlaf. Uly wurde von Yale in den Schlaf geschaukelt.

True wich keinen Moment von der Seite ihres Vaters. Sie kühlte ihm mit einem feuchten Tuch die Stirn. Alle drei hatten Fieber. Julia hatte nur einen Einstich am Arm, die beiden Männer hatte je drei Stiche. Am schlimmsten hatte es Danziger getroffen, Ein Insekt hatte ihm im Nacken erwischt und die Einstichstelle war extrem geschwollen. Er lag in tiefer Bewußtlosigkeit. Die anderen zwei Stiche waren an seinem linken Bein

Alonzo hatte einen Stich auf der Brust, einen an der rechten Hand und einem in seinem gebrochenen Bein. Der Stich schien sehr stark zu schmerzen, denn er griff im Fieberwahn immer wieder an sein Bein.

"Können sie meinem Dad nicht helfen?" Trues Augen waren noch immer verweint. Sie hatte nichts außer ihren Vater.

"Devon, sie müssen die Stiche kühlen." Julias Stimme war schwach und brüchig.

"Julia. Wie fühlen sie sich?" Sie fieberte und hatte Schmerzen.

"Lausig, kühlen sie die Stiche, die Schwellungen können tödlich sein." Damit sank sie wieder in einen Dämmerschlaf zurück.

True tauchte ihr Tuch gleich wieder ins kühle Waser und kühlte den Nacken ihres Vaters. Bess bemühte sich ihr zu helfen. Yale übernahm Alonzos Stiche. Der Pilot warf sich im Fieber von einer Seite auf die anderen.

Devon bezweifelte, daß Kühlung allein ausreichte. Sie brauchten Julias medizinischen Fähigkeiten. Alonzos Atem ging schwer, da der Stich in seinem Brustbereich ihn am atmen hinderte und Danziger reagierte überhaupt nicht mehr, die Schwellung saß beängstigend nah an seiner Wirbelsäule.

"Devon. Er träumt." Yale sah sie ernst an. "Alonzo träumt."

***

Alonzo sah wie durch einen Nebel, er konnte nur Schemen erkennen, Bäume und Felsen. Er stakste orientierungslos durch den Nebel und ihm wurde erst nach und nach klar, daß er sich in der Traumwelt befand. Er erinnerte sich, sie hatten versucht sich in die Plane einzurollen, um den Insekten zu entgehen.

Er griff sich ans Bein, doch dort war kein Einstich zu spüren. "Wo bin ich hier. Ist hier jemand?" Er drehte sich im Kreis, doch nun waren noch nicht einmal Bäume oder ähnliches zu sehen. Er kam sich vor wie ein Blinder.

Plötzlich stieß er mit dem Knie gegen etwas. Er beugte sich hinab und wedelte mit der Hand die Nebelschwaden davon.

Und blickte in sein eigenes Gesicht. "Was!?" Sein Körper lag auf einer Pritsche, Er sah die drei Einstiche und die Schwellungen. Der ausgestreckte Körper war schweißgebadet und der Atem ging schwer. Er spürte das auch ihm das atmen plötzlich schwer viel. Sein Brustkorb zog sich zusammen und und er sank auf die Knie. Doch vor ihm lag nicht mehr sein träumendes Selbst, sondern der bewußtlose John Danziger.

"Was soll das? Warum zeigt ihr mir das?" Alonzo rief in den Nebel hinein. Eigentlich erwartete er keine Antwort, doch aus dem Nebel traten plötzlich 4 Terrianer. Sie standen schweigend um Danzigers Bett, als hielten sie an einem Totenbett Wache. "Nein. Er wird nicht sterben." Die Terrianer stimmten ihren unheimlich SingSang an.

"Nein, bitte laßt mich." Die Terrianer drehten sich um und entfernten sich tatsächlich. Alonzo sah auf Johns Gesicht herunter. Er hörte ein leises Wimmern. True lag neben der Liege auf dem Boden und hielt die Hand ihres Vaters. Alonzo wand sich ab und stolperte noch immer schwer atmend in den Nebel. Er wollte das nicht sehen.

Im Nebel tauchte die Gestalt eines sehr alten Terrianers auf, er wies Alonzo mit dem Stab den Weg. Doch wohin wollte er ihn führen? Er stolperte und fiel.

Es tat weh. Irgendwas brannte an seinen Händen. Er besah seine Hände. Eine klebrige Maße überzog seine Handflächen. Alonzo roch daran. Angewiedert verzog er das Gesicht. Kleine türkise Blüten klebten an seinem Ärmel. Er wischt sich die rechte Hand an seiner Hose ab, als er einen weiteren Schatten im Nebel sah.

"Julia, oh nein, nicht sie!" Er stürzte an Julias Lager. "Ich... Das darf nicht sein. Ihr müßt ihr helfen."

Er streichelte zärtlich ihr Gesicht. Er liebte diese Frau, sie zu verlieren...

***

Ein neuer Tag brach bald an, doch Devon mochte diesen Tag schon jetzt nicht. Sie hielt eine dampfende Tasse in der Hand um die Morgenkühle aus ihren Fingerspitzen zu treiben. Dieser Tag würde traurig werden.

True hatte sich neben ihrem Vater zusammengerollt und schlief, Bess hatte es übernommen sich um das Kühlen der Einstiche zu kümmern. Devon hoffte das zumindest Julia sich erholte. Doch auch die Ärztin fieberte. Wenn auch das Fieber langsamer als bei den Männern stieg.

John so dort liegen zu sehen gab ihrem Herzen einen Stich. Was wenn auch Uly einmal so um seine Mutter bangen mußte. Früher war es immer umgekehrt. Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, daß sie mal vor ihrem Sohn sterben konnte. Der gestrige Tag hatte ihr gezeigt, daß es jeden Moment so weit sein konnte.

Uly schlief.

Nach all der Aufregung kein Wunder. Immer wieder fragte sie sich, warum die Terrianer nur im Schlaf mit ihnen kommunizierten. Auch jetzt hatte sie wieder Angst, Uly an die Traumwelt zu verlieren. Alonzo schien nun seit Stunden zu träumen. Am Anfang war er immer wieder hochgeschreckt, doch er wurde schwächer und ruhiger. Die Schwellung hinderte ihn am atmen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sein Gehirn nicht mehr genug Sauerstoff erhielt.

Bess erhob sich und streckte ihre steifen Glieder. Sie rieb sich die Oberschenkel. "Hier, trinken sie einen Schluck." Sie reichte ihr die Tasse. Bess sah kurz zu ihrem schlafenden Mann und kam dann zu Devon hinüber. "Wir können nicht mehr viel tun."

"Nein, nur hoffen. Wir dürfen sie nicht verlieren. Ohne Julia , John oder Alonzos Kontakt zu den Terrianern werden wir es nie bis New Pacifica schaffen."

"Geht es ihnen nur darum? Was ist mit True?" In Bess Stimme klang ein Vorwurf.

"Nein. Sie haben Recht. Es geht nicht nur darum. Es ist... Julia und Alonzo haben grad erst zueinander gefunden und..." Ihr Stimme stockte.

"Und...?"

"Es ist John, er ..."

"Ist schon in Ordnung Devon." Bess drückte ihre Hand. "Ich habe ja Augen im Kopf."

"Devon," Die Dringlichkeit in Yales Stimme ließ ihren Kopf herum rucken. "Uly hat begonnen zu träumen." Sie ging zu ihrem Sohn hinüber und sah wie sich seine Augen unter den Lidern bewegten. Es war zuviel für Devon. Die Tränen stiegen der sonst so kühlen Frau in die Augen und sie nahm ihren Sohn in den Arm.

"Devon, versuchen sie auch etwas zu schlafen."

"Nein, ich kann nicht."

Bess hatte sich wieder den Verletzten zugewandt. Sie ging zu True und legte ihr eine Decke über. Sie hielt die Hand ihres Vaters fest umklammert, so als wolle sie ihn um keinen Fall gehen lassen. True war ein tolles Mädchen, sie hoffte mit Morgan einmal, ein ähnlich starkes Kind zu haben, auch wenn Morgan eigentlich keine Kinder wollte.

Bess setzte sich wieder zu Alonzo und kühlte ihm die Stirn mit einem feuchten Tuch. Auch der Pilot träumte, wenn er auch nur noch schwache Lebenszeichen von sich gab.

***

"Julia, bitte wach auf, hilf mir. Ich brauche dich doch." Er ergriff mit beiden Händen ihr Gesicht, während er weiter um Atem rang. Die klebrige Maße an seinen Händen lief ihr über die Haare und die Schulter. Alonzo war bemüht sie mit dem Ärmel weg zu wischen.

"Alonzo?" Erschrocken wand sich der Pilot um. Hinter ihm stand Uly Adair und sah ihn fragend an. "Wo sind wir hier."

Er ging auf Alonzo zu. "Was ist mit ihr?"

Alonzo wunderte sich, sprechen zu können. "Ich bekomme sie nicht wach. Ich glaube sie stirbt. Und John und ich..."

"Ja ihr liegt im Zelt, die kleinen Tiere haben euch verletzt."

"Ja. Die Insekten. Die Terrianer hatte uns gewarnt."

"Aber sie haben uns erschrocken. Das war nicht gut."

"Du hast recht Uly, darum bist du auch vor Erschöpfung eingeschlafen. Aber zumindest ich hätte die anderen warnen sollen. Dann läge sie jetzt nicht hier."

"Wenn du nicht rechtzeitig aufgewacht wärst, wären doch alle gestochen worden."

"Aber ich hätte es früher tun sollen." Er beugte sich wieder zu Julia hinab und drückte ihr einen Kuß auf die Lippen. Er nahm ihre Hand und hielt sie ganz fest.

"Sie sind auch hier." Ja, auch Alonzo konnte die Anwesenheit der Terrianer spüren. Doch er war so müde. Er legte seinen Kopf neben Julia auf die Decke. Er war schwach, nur wenig Luft drang noch in seine Lungen und er wollte die Augen schließen.

Zuerst dachte er es wäre Uly, doch es war Julias Hand, die ihm plötzlich über den Kopf streichelte.

"Alonzo, es geht ihr gut, sie doch nur."

Alonzo sah auf und direkt in Julias Augen. Sie strahlten vor Lebendigkeit. "Aber wie...?"

"Deine Hände haben mich geheilt."

Alonzo freute sich zu sehr um über ihre Worte nach zu denken.

Ohne Vorwarnung verdunkelte sich die Szene, Julia entglitt seinen Blicken. Als es wieder heller wurde stand er auf einem Berg und blickte in den Himmel. Uly stand neben ihm und drückte sich Schutz suchend an ihn. "wo ist sie, wo ist Julia?"

Nichts, nur Stille. Eine absolute Stille umgab sie, die er als weit beängstigender empfand als alles zuvor. Er setze sich, er war erschöpft und stützte das Gesicht in seine Hände.

"Meine Hände Uly. Damit habe ich sie berührt. Das wollten sie uns zeigen."

Uly sah ihn fragend an. "Du must jetzt aufwachen Uly. Du must diese Pflanzen suchen."

***

"Mom?"

"Guten Morgen mein Großer. Geht es dir gut?"

"Ja, aber ich muß jetzt Alonzo helfen."

"Das ist lieb von dir. Ich weiß nur nicht, wie wir ihnen noch helfen können."

"Ich kann es, Alonzo hat es mir erklärt."

"Er hat es dir...? Doch Uly war schon aufgesprungen. Er hatte weder Schuhe noch warme Kleidung an, rannte aber einfach in den kalten Morgen hinaus.

"Uly, warte...!" Devon rannte hinter ihrem Sohn her. Sie merkte das Bess ihr folgte, während die anderen verschlafen herüber schauten. Als sie die Zeltplane hinter sich gelassen hatte, sah sie wie Uly an Zero vorbei Richtung Fluß rannte.

"Was hat er vor Devon?" Sie hatte eine Decke um ihre Schultern geschlungen.

"Ich weiß nicht, er sagt er will ihnen helfen, ich..." Damit rannte sie los. Sie hatte Uly schnell eingeholt und hielt ihn zurück. "Schatz, was suchst du denn, hier, nimm meine Jacke."

Uly entwandte sich ihrem Griff. "Die türkisen Blüten. Sie sind ganz klein. Aber sie helfen Julia."

"Meinst du diese dort." Bess zeigte auf einen Grasbüschel, der voller kleiner Blüten saß.

"Ich glaube schon." Uly besah sich die Pflanze ganz genau. "Ja das ist sie, sie wird ihr helfen." Er rupffte die Pflanze mit sammt der Wurzel aus und stürmte Richtung Zelt. Bess und Devon sahen sich fragend an.

"Ihr Sohn scheint völlig davon überzeugt. Vertrauen sie ihm."

Als sie beim Zelt ankamen, hatte Uly die Pflanze an Yale weiter gereicht. Einige der Kolonisten sahen neugierig zu, wie der Cyborg die Wurzeln abtrennte. Uly stand mit großen Augen neben ihm und sah ihn erwartungsvoll an.

"Und du sagst, die Stiche würden dadurch verschwinden. Wir können versuchen eine Salbe herzustellen."

Es dauerte fast zwei Stunden bevor die Salbe Wirkung zeigte. Sie hatten sie zunächst an Julias Stich ausprobiert und die Schwellung ging langsam zurück. Julias Fieber war ebenfalls gesunken. "Ich denke es funktioniert." Yale war zuversichtlich, hoffentlich kam die Hilfe für die Männer nicht zu spät. "Bess, würden sie bitte noch mehr davon sammeln."

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Devon schlief tief und fest, als jemand sie an der Schulter berührte. Als sie die die Augen öffnete, stand Julia neben ihr, Sie trug den Arm mit dem Insektenstich in einer Schlinge. Ihr Gesicht hatte wieder Farbe.

"Julia, schön sie wieder auf den Beinen zu sehen."

"Danke Devon. John und Alonzo, werden es auch schaffen. Es wird eine weile dauern bis wir weiterreisen könne. Sie müssen sich erst mal erholen."

"Wir müssen uns sowieso gedulden. Dieser Canyon ist nicht passierbar. Zero und Yale sind unterwegs um einen anderen Weg ins Gebirge zu suchen."

"Ist es wahr, das Uly die Pflanzen entdeckt hat?"

"Ja, die Terrianer müssen wieder mit ihm und Alonzo kommuniziert haben. Er wachte auf und holte diese klebrigen Blüten."

"Sie haben einen tapferen kleinen Sohn." Vielleicht fand Uly eines Tages eine Blume, die auch Alonzos Beine heilten.

 

 

***

Alonzo träumte wieder. Dieses mal war der Traum nicht bedrohlich. Der Pilot stand unter einem großen alten Baum. Es war Nacht und Alonzo schaute sehnsüchtig zu den Sternen. Wie gerne würde er wieder ins All und zwischen den Sternen reisen.

Wenn sie in New Pacifica ankommen muß er sich entscheiden, ob er hier bleiben will. Danziger spielt schon lange mit dieser Idee. Er sah wie True hier auflebte und stellte sich für sie eine Kindheit jenseits von Luftschleusen und Raumstationen vor.

Alonzo sah auf die Erde und kniete sich nieder. Mit der Hand griff er in den lockeren Sand und ließ ihn durch seine Finger rieseln. Dieser Planet hatte ihm viele Schmerzen zu gefügt. Aber er hatte ihm auch viel gegeben. Ein Teil davon war die Traumwelt der Terrianer.

Er spürte, daß jemand hinter ihm stand und wußte das es ein Terrianer war. "Keine Angst, ich bleibe noch. Es gefällt mir ganz gut hier."

Alonzo lauschte dem Singsang des Terrianers. Ihre Sprache war so voller Melodie.

"Wir haben heute etwas gelernt. Auch wenn ihr uns ängstigt und beunruhigt, ihr kümmert euch um uns. Ich hoffe wir verstehen euch bald besser."

"Vor ihm kam ein weiterer Terrianer aus dem Erdreich. Im fahlen Licht der Morgendämmerung, hob er den Arm und wies in Richtung Sonnenaufgang. Die Sonne erschien nach mehreren Minuten, oder waren es Stunden am Horizont. In ihrem Schein, sah man einen einsamen Felsen mit einem Baum auf der Spitze.

Wieder hob der Terrianer den Arm.

"Ich danke dir mein Freund." Alonzo verstand.

Julia sah wie der Pilot im Schlaf lächelte. Sie strich ihm über die Wange und sah ihn lange an. Dieser Planet würde noch viel für sie bereithalten. Doch sie hatten gute Führer durch das Unbekannte.

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