„Matnei
fal hur – Heile meine Seele”
Anmerkung:
Dies ist eine freie Fortsetzung meiner FF „Ohne Hoffnung 1+2“. Es wäre
durchaus gut, diese vorher gelesen zu haben. Bitte bedenkt, dass die ersten zwei
Teile sehr alt sind und ich damals noch ohne Beta gearbeitet habe. Man sagt mir
nach, mein Stil hätte sich seitdem geändert. Eigentlich sollte es eine
Lovestory werden - mit etwas Dannywhumping...
Teal´c
fehlt hier nicht absichtlich, ist eher aus versehen passiert und eigentlich
nicht meine Art. Schaut noch mal am Ende der Geschichte, dort gibt’s noch eine
Übersetzung des Liedes. Danke an meine Min fürs Betan und eine Einladung an
euch auf mein www.jaddaland.de.
Ach
- und ich liebe Feedback
Inhalt:
Nachdem sie aus den Minen gerettet wurden, begleitet Anaiis SG-1 mit ins
SG-Center. Dort kommt sie nicht zurecht und stellt zudem Veränderungen an sich
fest.
***
Rückblick
auf Ohne Hoffnung 1+2:
Sam,
Jack und Daniel geraten in die Hand Heru‘urs und werden von ihm zur Arbeit in
einer Naquadah-Mine gezwungen. Aus dieser Hölle scheint es kein Entrinnen zu
geben. Mit der Hilfe Teal´cs und der jungen Einheimischen Anaiis gelingt ihnen
dennoch die Flucht. Dabei scheinen sich Daniel und Anaiis, deren Heilkräfte
Daniel das Leben gerettet haben, ineinander zu verlieben. Anaiis ist für das
Nutzen dieser verbotenen Heilkräfte von ihrem Volk verstossen worden.
***
General
Hammond sah durch die Sicherheitsscheibe des Kontrollraums. Unten machten sich
SG-3 und ein Hilfstrupp für Nutet bereit. Vor vier Tagen kam die erlösende
Nachricht, dass Teal´cs Suche erfolgreich gewesen war.
Der
General dachte an Teal´cs Bericht, es war ein Wunder, dass die drei diese Hölle
überlebt hatten. Fraiser hatte sie sofort in die Krankenstation bringen lassen.
Der junge Mann von Nutet wollte so schnell wie möglich zu seiner Welt zurück
und Hammond hatte zugestimmt, dass der Jaffa Akusa zurück begleitete. Der jetzt
bevorstehende Transfer war ein Versprechen. Seine Vorgesetzten hatten
zugestimmt, den Bewohnern von Nutet humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
„Sir.
Wir sind bereit für den Transfer.“
"Legen
Sie los. Falls mich jemand sucht, ich bin in meinem Büro.“
Die
Menschen von Nutet waren auf sie angewiesen und insgeheim machten sie noch immer
die Fremden für ihre Katastrophe verantwortlich. Nicht dass Hammond meinte,
etwas gut machen zu müssen, aber er wusste, wie groß ihr Verlust war. Zudem
wollte er sie vor einer möglichen Rache des Goa´ulds schützen.
Er
setzte sich an seinen Schreibtisch und betrachte den Stapel Berichte auf der
Ablage. Berichte über Reisen. SG-6 war gestern von einem Planeten zurückgekehrt,
auf dem sie auf eine verlassene Stadt gestoßen waren. Es war nicht
herauszufinden, was den Exitus dieser Zivilisation hervorgerufen hat. Aus Sorge,
es könne sich um eine Krankheit oder ähnliches sein, hatte Doktor Fraiser die
Mitglieder des Teams für drei Tage unter Quarantäne stellen lassen.
Hammond
rieb sich über die Augen. Sie wußten selten, was sie auf der anderen Seite
erwartete. Er hasste es, auf dieser Seite zu sitzen und nur warten zu können.
In den letzten Jahren hatten sie bereits viele Teams verloren. Das war der Preis
für neue Erkenntnisse und neue Bündnisse. Aber der Preis schmerzte jedesmal
aufs neue.
Es
klopfte. Hammond atmete tief durch.
„Herein.“
Doktor
Fraiser öffnete die Tür und wedelte mit einem Satz Unterlagen. „Sir, die Ergebnisse
liegen vor.“
„Berichten
Sie, aber bitte nur eine verständliche Zusammenfassung.“ Das hatte er sich
bei O`Neill abgeschaut.
Fraiser
quittierte die Aufforderung mit einem Grinsen. „Erfreuliches, Sir. Die
Untersuchungen von Team 6 waren negativ. Keine ungewöhnlichen Inhaltsstoffe
oder Strahlungsreste. Ich behalte SG-6 noch einen Tag unter Beobachtung, aber
ich denke es gibt keine Gefahr von dieser Seite.“
„Danke
Doktor, gute Arbeit.“ Er nahm ihr die Berichte ab und legte sie zu den
anderen.
„Was
machen Ihre anderen Patienten?“
„Alle
auf dem Weg der Besserung. Carter ist gar nicht zu bremsen, sie will gleich
wieder in ihr Labor.“
„Halten
Sie das für klug?“
„Körperlich
ist sie zwar noch nicht auf hundert Prozent, aber eigentlich gibt es gegen
leichte Arbeit kein Argument.“ Sie machte eine kurze Pause. „Sie verbringt
sowieso viel Zeit auf der Krankenstation. Es ist, als müssten die drei sich
mindestens einmal am Tag sehen und vergewissern, dass die anderen noch da
sind.“
„Ich
habe die Berichte gelesen, sie waren die meiste Zeit getrennt.“
„Sie
haben nicht nur sichtbare Narben davongetragen.“
„Was
ist mit dieser Freundin von Dr. Jackson?“
„Anaiis?
Ein nettes Mädchen. Sie ist sehr verunsichert und würde Daniel am liebsten
nicht von der Seite weichen. Sie scheint ansonsten in erster Linie Major Carter
zu vertrauen.“
„Und
ihre Fähigkeiten?“
„Keine
Gefahr, es ist eine chemische Reaktion. Ich verstehe noch nicht, wie das
funktioniert, aber es kostet sie viel Kraft. Ohne sie wäre Dr. Jackson noch längst
nicht so weit.“
„Wann
denken Sie, ist SG-1 wieder einsatzfähig?“
„Das
kann ich nicht genau sagen, aber wir sollten ihnen Zeit lassen. Alle kämpfen
noch mit den Folgen der Mangelernährung. Colonel O´Neill und Dr. Jackson
brauchen noch intensive medizinische Betreuung. Und vor allem brauchen sie Zeit,
wieder ins normale Leben zurück zu finden.“
„Meinen
Sie, eine psychologische Therapie ist von Nöten?“
Janet
zögerte, schüttelte aber dann energisch den Kopf. „Nein, solange sie soviel
Zeit miteinander verbringen und reden, sehe ich keinen Handlungsbedarf. Zeit
heilt angeblich alle Wunden, auch die, die man nicht sofort sieht.“ Sie machte
eine kurze Pause. „Ich habe Dr. Jackson angeboten, seinen vernarbten Rücken
kosmetisch zu behandeln. Er hat abgelehnt. – ich hoffe, er lässt es
irgendwann zu.“
Die
Ärztin sah dem General in die Augen und Hammond nickte ihr wissend zu. Er hatte
gesehen, welche Spuren die Mine hinterlassen hatte. „Lassen wir ihnen die
Zeit, die sie brauchen.“
"Wenn
Sie mich jetzt entschuldigen würden...“
„Aber
natürlich Doktor.“
***
Anaiis
stand verloren im Flur vor der Krankenstation. Alles hier war so fremd und
kalt. Keine warmen Farben wie in den Häusern ihres Volkes. Man hat sie
untersucht, sehr lange. Samantha hatte sie beruhigt. Dies geschähe nur zu
ihrem Schutz und würde ihr nicht schaden. Trotzdem hatten diese Menschen
kleine Nadeln in ihr Fleisch gestoßen.
Sie
verstand diese Welt nicht und niemand hatte sich Zeit genommen, sie ihr zu
erklären. Janet, die Heilerin, hatte ihr gezeigt, wo sie schlafen soll, doch
dort war es auch kalt. Daniel schlief die meiste Zeit und wenn sie durfte, saß
sie in seiner Nähe. Die anderen sprachen eine merkwürdige Sprache.
„Anaiis!“
Samantha war im Gang aufgetaucht und lächelte sie freundlich und fragend an.
„Daniel?“
Anaiis wollte gern wieder zu ihm.
Samantha
schüttelte den Kopf und machte ein Zeichen, was soviel wie schlafen
bedeutete. „Warte.“ Damit verschwand sie durch die Tür der
Krankenstation. Warte. Dieses Wort hatte sie bereits gelernt. Warte. Das
sagten sie immer, wenn sie keine Zeit hatten. Immer, wenn sie störte oder
etwas nicht verstand.
Durch
die Fenster der Tür sah sie Samantha mit der Heilerin sprechen. Janet blickte
kurz zu ihr hinüber und nickte dann Samantha zu. Anaiis spürte, dass es um
sie ging. Erwartungsvoll schaute sie Samantha entgegen.
„Ich
weiß, du verstehst nicht alles, aber ich möchte dir etwas zeigen. Vielleicht
tut es dir gut. Ich kann es jedenfalls gebrauchen.“ Anaiis verstand nicht
und schüttelte verirrt den Kopf. „Komm. Komm.“ Sam schob sie den Gang
entlang und Anaiis lies es geschehen. Sie vertraute ihr, denn sie hatte bisher
nur Gutes von Samantha bekommen.
***
Janet
schaute noch lange nachdenklich zur Tür. Wie schwierig muß es sein, alles
hinter sich zu lassen und in eine völlig fremde Welt gestoßen zu werden. Sie
hoffte, Sam konnte die junge Frau etwas aufbauen. Sie wandte sich wieder ihren
Patienten zu. Jack und Daniel lagen zusammen in einem getrennten Raum. Die
meiste Zeit verschliefen sie. Ihre Körper brauchten jedes Quentchen Energie
zur Regeneration. Janet tat, was sie konnte, um diesen Prozess zu unterstützen.
Eine ausgewogene Ernährung, viel Ruhe und das eine oder andere Aufbaupräparat.
„Doktor?“
Einer der Pfleger reichte ihr ein paar Röntgenbilder.
„Danke!
Die Ergebnisse von Dr. Jackson?“ Auf das Nicken des Pflegers hin öffnete
sie die Kladde und hielt die Aufnahmen ins Licht. Das hatte sie vermutet. Sie
würde noch mal operieren müssen.
Sie
nahm die Aufnahmen und ging in das Zimmer der beiden. Eigentlich sollten beide
schlafen. Aber weder Jack noch Daniel hatten die Augen geschlossen. Beide
hingen ihren Gedanken nach. Vielleicht langweilten sie sich auch nur. Janet
beschloss, Daniel morgen seine Unterlagen vorbei bringen zu lassen und außerdem
eine Partie Poker mit O`Neill zu spielen.
„Wie
ich sehe, sind Sie noch wach.“ Zielstrebig steuerte sie Jacksons Bett an. Er
lag auf der Seite, um seinen Rücken zu schonen und spielte mit seinem Tropf.
„Können Sie nicht schlafen?“
„Ich
hab es heute schon auf 16 Stunden Schlaf gebracht. Ich brauchte mal ne
Auszeit.“ Er grinste zu Jack hinüber, der müde abwinkte.
„Ok.
Das trifft sich gut. Wir müssen mal hierüber reden.“ Sie wedelte mit den Röntgenaufnahmen.
„Was
ist das?“
„Röntgenbilder
von Ihrem Bein. Sie hatten doch über Schmerzen geklagt und ich bin der Sache
auf den Grund gegangen.“ Sie hielt die Bilder gegen das Licht. „Anaiis Kräfte
haben auf dem Planeten zu einer schnellen Heilung geführt. Allerdings haben
sie auch etwas zusammen wachsen lassen, was so nicht zusammengehört. Das
Naquadah, das auf Sie stürzte, hat Ihnen ein Souvenir hinterlassen.“
Janet
wies auf einen hellen Punkt. „Ein Splitter hat sich in Ihren Knochen
gebohrt. Wir werden ihn entfernen müssen.“
„Sieht
ganz schön groß aus.“ Daniel wollte nicht länger als notwendig auf der
Krankenstation bleiben. Er sorgte sich um Anaiis. Sie wirkte so verloren.
Janets Mitteilung frustrierte ihn, es würde bedeuten, dass er noch länger außer
Gefecht gesetzt war. „Wann?“
„Gleich
morgen früh.“
Janet
sah Daniels frustriertes Gesicht. Sie wusste, dass er sich um das Mädchen
sorgte, schließlich war er der Einzige, der ihre Sprache kannte. „Keine
Angst, Daniel, Sam kümmert sich derweil um Anaiis. Sie ist in guten Händen.“
„Ich
weiß. Aber sie hat soviel für uns riskiert und alles aufgegeben. Sie hat es
nicht verdient, allein gelassen zu werden.“
„Das
wird nicht passieren.“ Janet nahm ihre Akte und ging mit einem aufmunternden
Lächeln. Daniel versuchte, erneut eine bequemere Liegeposition zu finden und
nahm das Spiel am Tropf wieder auf.
„Wir
werden eine neue Heimat für sie finden, Daniel.“ Jack sah bei diesem Satz
weiter an die Decke. „Oder wollen Sie sie gar nicht gehen lassen?“
Daniel
wusste, worauf Jack anspielte, doch er hatte zur Zeit keine Antwort darauf.
Anaiis war ein wunderschöne Frau und vieles an ihr erinnerte ihn an Sha´re.
War es vielleicht nur das, suchte er einen Ersatz? Oder war es lediglich
Dankbarkeit und Mitgefühl, das sich in ihm regte. Auf ihrer Heimatwelt Chat´naa
hatte sie Daniel Stärke gegeben und er hatte sie dafür bewundert.
Gleichzeitig
war sie so sanft gewesen. Aber irgend etwas hatte sich verändert, als sie das
Stargate-Center erreicht hatten. Zunächst hatte er es auf die ungewohnte
Situation geschrieben, aber Anaiis wurde immer stiller. Sie fühlte sich in
diesem kalten militärisch geprägten Stützpunkt nicht wohl. Es war als verblühte
sie.
Ihr
Rettungsanker war Daniel und wenn er ehrlich war, wurde es ihm fast zu viel.
Er hätte nicht gedacht, dass er so empfinden konnte, andererseits war ihre
Gesellschaft auch angenehm. Sie hatte eine Sanftheit, wie er sie noch nie
erlebt hatte und wenn sie redete, schwang in ihrer Stimme etwas mit, das er
nicht in Worte fassen konnte.
Er
sah zu Jack hinüber und traf seinen Blick. Klar, Jack lag die ganze Zeit
neben ihm, er musste so einiges mitbekommen haben, vor allem die Veränderungen
in ihrem Verhalten. „Jack, sie... sie...“
„Ich
weiß, Daniel, ich hab es auch gemerkt.“
„Ehrlich
gesagt weiß ich es nicht.“
„Lassen
Sie uns unser Schlafpensum für heute noch etwas erhöhen, Daniel, damit
machen wir zumindest Fraiser glücklich.“
***
Sam
nahm Anaiis zunächst mit in ihr Labor und telefonierte kurz mit dem General,
doch auch dieser hat nichts gegen ihren Plan einzuwenden. Sie gab der jungen
Frau eine ihrer Jacken und bugsierte sie zum Aufzug. Doch Anaiis zögerte,
Fahrstühle waren ihr irgendwie nicht geheuer, das hatte Sam schon zuvor
festgestellt.
„Komm
schon, vertrau mir.“ Sie lächelte dabei so breit sie konnte und es schien
zu funktionieren. Vorsichtig betrat sie den Aufzug und Sam lies ihn nach oben
fahren.
Sie
hatten noch einige Sicherheitsschleusen zu überwinden bis sie endlich unter
freiem Himmel standen. Im Gegensatz zu Anaiis hatte Sam den Stützpunkt
zwischendurch verlassen können, es war Anaiis anzusehen, wie sehr sie sich
freute. Mit offenem Mund starrte sie in den dämmrigen Himmel.
Sam
führte sie zu einem kleinen Pfad, der sich den Berg hinauf wand. Sie war
schon oft dort gewesen, meist um sich die Sterne anzusehen. Dann erinnerte sie
sich immer an ihre Kindheit und ihren großen Traum, einmal zu den Sternen zu
fliegen.
Nun,
sie flog zwar meist nicht, sondern ging zu Fuß, aber viele ihrer Träume
hatten sich erfüllt. Manches war so phantastisch, so atemberaubend, dass sie
diesen Platz brauchte, um wieder herunter zu kommen. Hier war sie wieder die
kleine Sam, die ihrem Vater auf der Terrasse die Sterne erklärte. Hier fühlte
sie sich ihrem Vater nahe.
Sam
verscheuchte die melancholischen Gedanken und stemmte sich an einem kleinen
Felsen hoch. Der Pfad, das wusste sie, wurde von vielen genutzt. Nichts desto
trotz war er steil und unwegsam. Immer wieder drehte sie sich um und half
Anaiis. Aber es sah so aus, als käme sie sogar besser klar als Sam, die sich
eingestehen musste, doch noch nicht ganz so fit zu sein.
Schwer
keuchend erreichten sie den Gipfel des Cheyenne Mountain. Sam setzte sich auf
einen kleinen Felsen und klopfte auf die Fläche neben ihr. „Komm, setz
dich, Anaiis!“
Doch
diese blieb stehen und starrte mit offenem Mund auf die Landschaft, die sich
ihr bot. Sam war froh, dass sie den Zeitpunkt so gut abgepasst hatten. Die
Sonne versank gerade leuchtend rot hinter den Bergen. Vor ihnen breiteten sich
bereits dunkle Täler aus. Anaiis begann, sich langsam im Kreis zu drehen. Die
letzten Sonnenstrahlen warfen ein weiches Licht auf die Bergrücken der
anderen Seite. Das bereits leicht verfärbte Laub erstrahlte und bot einen
wunderschönen Anblick.
„Wir
nennen es einen Sonnenuntergang.“ Anaiis schien sie gar nicht zu hören. Sie
drehte sich weiter und die untergehende Sonne tauchte ihr Gesicht in warmes rötliches
Licht, dass das seltsame Muster an ihrem Hals nur noch verstärkte. Dann hatte
sich auch der letzte Sonnenstrahl hinter den Bergkuppen zurückgezogen und
hinterließ einen farbigen Himmel, in dem schon die ersten Sterne blitzten.
Anaiis
drehte sich herum und lächelte Sam dankbar an. „Komm, setz dich hierher.
Die Show geht noch weiter.“ Sam unterstrich ihre Worte mit eindeutigen
Gesten.
„Sone?
Anaiis setzte sich neben Sam und deutete auf die Stelle, wo gerade noch die
Sonne zu sehen gewesen war. „Ja. Sonne“ Sam nickte, sie wusste, dass die
Außerirdische schon einige Brocken verstand.
„Sonne.“
Anaiis verstand. Für eine kurze Weile sprach niemand von ihnen und Sam zog
ihre Jacke vorne zu. Es war um diese Zeit schon sehr frisch hier oben.
Erwartungsvoll starrte sie in den Himmel und hoffte, Anaiis würde der Anblick
der Sterne gefallen.
„Matnei
fal hur. Matnei fal hur.” Sam
sah verwundert zu ihr hinüber, als sie anfing, leise ein Lied zu singen. „Fal
sharah selmank anu. Matnei
fal hur, matnei fal hur.” Die ersten Sterne erschienen und immer weiter sang
sie diese eindringliche Melodie.
„Asad
kandu, wahan sh´rtal katee anu, katee anu.“
Fast
hatte diese Melodie etwas Beschwörendes. Sam genoss es und ließ sich ganz
darauf ein. Ihren Blick auf die Sterne gerichtet, dachte sie an ihren Vater
und all die anderen, die dort oben waren. Menschen, die sie mochte.
„Waku
da lei, jageenshara sa lei, het me fal hur, het me fal hur. Hat
anu matnei fal hur sharakdon.”
Sam
war von dieser Musik gefangen. Sie sah nicht, wie die kleinen Flecken an
Anaiis´ Hals zu leuchten begannen und den Schmerz in den Augen der jungen
Frau.
„Matnei
fal hur. Matnei
fal hur sharakdon.”
Sam
erzitterte plötzlich und merkte, dass Anaiis aufgehört hatte zu singen. Ihr
war kalt und es war bis auf die Sterne stockdunkel. Sam sah auf die Uhr. Das
gab es doch nicht! Sollte sie derart die Zeit vergessen haben? Demnach waren
sie bereits seit fünf Stunden hier oben! Es war mitten in der Nacht.
„Komm,
Anaiis, wir müssen zurück.“ Die junge Frau sah sie verwundert an, folgte
ihr aber. Sam zog die Taschenlampe heraus, die sie vorher eingesteckt hatte
und beleuchtete den Pfad. Wo war nur die Zeit geblieben?
***
Am
nächsten Morgen war Sam bereits wieder früh auf und machte sich gleich auf
den Weg in die Krankenstation. Sie hatte Anaiis gestern in ihrem Gastquartier
zurückgelassen. Auf dem Flur kam ihr Janet bereits entgegen.
„Janet.“
„Hallo,
Sam. Was hast du vor?“ Sam trug ein Tablett mit vier Kaffeebechern vor sich
her.
„Einer
ist für dich. Nimm.“ Sie reichte der verblüfften Ärztin einen Becher.
„Einer ist für mich und die anderen beiden für den Colonel und Daniel.“
„Sie
schlafen beide noch, aber du kannst sie ruhig wecken. Aber keinen Kaffee für
Daniel, er muss nüchtern bleiben.“
„Was?
Wieso?“
„Ich
muss noch einen Naquadah-Splitter aus seinem Bein entfernen. Nur eine kleine
Operation, nichts schlimmes.“ Janet nippte an dem Kaffee. „Hey, der ist
gut.“
„Ich
weiß, das Zeug auf der Krankenstation macht einen höchstens kranker.“ Sam
grinste breit und machte sich auf den Weg in die Krankenstation.
„Sam.“
Sie drehte sich noch einmal herum. „Sei leise, wenn du in den Vorraum gehst,
Daniel hat wieder Besuch.“
Sam
öffnete die Tür und sah Anaiis in einem Sessel liegend schlafen. Das wurde
ja langsam zur Manie bei dem Mädchen. Sie würde sich daran gewöhnen müssen,
dass sie nicht ständig bei Daniel sein konnte. Sam schloss leise die Tür und
ging dann in das Zimmer ihrer Freunde.
Beide
schließen tief und fest. Sam stellte das Tablett ab und nahm einen der
dampfenden Kaffeebecher. Der Colonel lag auf der Seite und schien in der Nacht
einen Ringkampf mit seinem Kopfkissen hinter sich gebracht zu haben. Er
umklammerte das zerknautschte Ding wie einen Feind, den es im Würgegriff zu
halten hieß.
Sam
zog sich einen Stuhl heran und hielt dann den duftenden Kaffe genau unter die
Nase ihres Vorgesetzten. Zuerst zog er leicht die Nase an und brummte. Sam
konnte sich das Lachen nicht ganz verkneifen, als O`Neill einen Grunzer von
sich gab, bei dem Versuch den Duft einzusaugen.
„Was...?“
„Guten
Morgen, Sir. Kaffee?“
Jack
öffnete vorsichtig erst ein, dann beide Augen. „Morgen.“ Er setzte sich
auf und starrte in das gut gelaunte Gesicht seines Majors. „Wie können Sie
so früh am Morgen schon so wach aussehen?“
„Trinken
Sie Ihren Kaffee, ich hab ihn aus der Kantine, nicht von hier.“
„Echt?“
Begierig griff er nach dem Becher und roch genüsslich daran. „Das machen
Sie jetzt jeden Morgen. Das ist ein Befehl.“
„Yes.
Sir.“
„Krieg
ich auch einen?“ Daniel sah verschlafen zu ihnen herüber. „Sorry, Daniel,
Janet hat es wegen der OP verboten.“
„Schade,
und ich dachte, ich hätte dieses Gespräch über die Operation nur geträumt.“
„Leider
nein, Dr. Jackson.“ Janet erschien in der Tür und lächelte den jungen
Wissenschaftler an. „Ist schon alles vorbereitet.“ Hinter ihr erschienen
zwei Pfleger, die sich sofort daran machten, Daniels Bett zum Operationsraum
zu schieben.
Anaiis
war durch den ganzen Trubel geweckt worden und stand irritiert hinter den
Fenstern des Vorraumes. Sie verstand nicht, was das Ganze sollte. Wohin
wollten sie mit Daniel? Sie stürmte in das Zimmer und drängte einen der
Pfleger zur Seite.
„Daniel.
Mat kushei?“ Daniel, überrascht von dieser Aktion, musste erst mal überlegen,
was sie sagte. „Mat kushei?“ Sam trat vor und legte ihre Hand um ihre
Schulter. „Anaiis. Komm bitte. Du musst nur etwas auf ihn warten.“
Anaiis
sah Sam giftig an. „Naei! Nit warten.“ Sie wandte sich wieder Daniel zu,
der nun begann, es ihr in ihrer Sprache zu erklären. Die Umstehenden
verstanden kein Wort, aber er redete auf sie ein und ihre Haltung entspannte
sichtlich, auch wenn sie nicht einverstanden zu sein schien. Schließlich
nickte sie und ließ den Pfleger wieder an das Bett, der sichtlich erleichtert
schien, das Zimmer mit seinem Patienten verlassen zu können. Janet schloss
sich mit einem kurzen Seitenblick zu Sam der Kolonne an.
Sam
sah ratlos zu der jungen Frau hinüber. Das würde schwierig werden. Anaiis würde
lernen müssen, von Daniels Seite zu weichen. „Anaiis...“ Doch diese stürmte
wutentbrannt aus dem Zimmer.
„Lassen
Sie sie, Carter.“ Sie setzte sich wieder zu ihrem Vorgesetzten.
„Sir,
irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl bei der Sache.“
***
Janet
war zufrieden, die Operation war gut verlaufen und Daniel lag im Aufwachraum.
Er würde bald wieder gehen können. In den Händen hielt sie ein Souvenir,
den Naquadah-Splitter aus Daniels Knochen. Er war ganz schön lang und hatte
sich zur Hälfte in den Knochen gebohrt gehabt. Wenn Daniel wieder wach war, würde
sie ihn ihm geben.
Sie lehnte sich an ihrem Schreibtisch zurück. Die Szene mit Anaiis vorhin hatte sie beunruhigt. Daniel brauchte Ruhe und die ließ sie ihm nicht. Janet beschloss, den Gesteinssplitter seinem Besitzer zu übergeben und stand auf. Ihr Weg führte sie nur kurz über den Gang und um eine Ecke.
Sie
erschrak, als sie hinter der Ecke Anaiis erblickte, die sie düster anstarrte.
Auf dem Weg hatte Daniel ihr erklärte, dass Anaiis eifersüchtig auf sie war,
weil sie nun Daniels Heilung übernahm. All diese Eifersucht lag in
diesem Blick und ihre Flecken leuchteten dunkelrot. Doch nur für wenige
Sekunden, denn Anaiis blickte kurz zur Seite und sah sie dann wieder mit
offenem herzlichen Blick an.
„Anaiis,
du hast mich erschreckt. Was machst du hier? Daniel schläft noch.“ Damit
bewegte sich Janet weiter im Gang. „Komm. Du kannst hier warten.“ Damit
deutete sie zu einer Gruppe Stühle. Janet hatte nicht vor, sie schon wieder
so bald zu Daniel zu lassen.
Sie
sah nicht den wütenden Blick, den ihr die junge Frau hinterher warf.
Anaiis
stand noch immer reglos an der Wand und sah der Frau hinterher. Anaiis mochte
sie nicht, sie wollte sie immer von Daniel fernhalten. Das durfte sie nicht,
sie hatte kein Recht dazu. Daniel gehörte ihr.
Sie
griff sich an den Hals. Sie spürte die Veränderung in sich, spürte wie sie
immer mehr für ihre Tat bestraft wurde. Die Haut brannte und innerlich zog
sich alles in ihr zusammen. Sie schob mit der rechten Hand leicht das Hemd
hinauf und entblößte ihre Taille. Immer mehr Flecken überzogen ihren Körper
und ihre ganze rechte Seite war bereits von ihnen bedeckt. Das war die Strafe.
Sie
wusste es und es würde sie weiter verändern, nicht nur ihre Haut. Manchmal
hatte sie das Gefühl, jemand anderes nahm Besitz von ihrem Körper, Momente
in denen sie sich kaum wieder erkannte. Nur in Daniels Nähe fühlte sie sich
wie sie selbst. Noch.
Eine
Krankenschwester kam um die Ecke und schnell verbarg sie die Musterung ihrer
Haut wieder. Niemand durfte es wissen. Sie würden sie wieder quälen. Sie
ging zu ihrem Quartier, sie musste Kraft schöpfen.
***
Das
erste, was er spürte, war Kälte, ja ihm war kalt und er zitterte. Die
Operation, ja das mussten die Nachwirkungen der Narkose sein. Deshalb waren
auch seine Augen geschlossen.
„Doktor
Fraiser, ich glaube, er kommt zu sich.“ Die Stimme drang wie durch Watte zu
ihm hindurch. Vorsichtig öffnete er das rechte Auge. Er sah nur eine viel zu
grelle Lampe und drehte den Kopf, während er gleichzeitig auch das andere
Auge öffnete. Janet tauchte lächelnd in seinem Fokus auf. „Hi, Daniel. Wie
fühlen Sie sich?“
„Keine
Ahnung. Ist das ein gutes Zeichen?“ Janet grinste. „Zumindest ist das kein
schlechtes. Schauen Sie mal, ich habe hier ein Erinnerungsstück für Sie.“
Dabei hielt sie ihm einen schwarzen Gesteinssplitter entgegen.
„Wow.
Der ... der ist ja riesig.“ Daniel drehte ihn zwischen den Fingern.
„Es
war kein Wunder, dass Sie Schmerzen hatten. Ich denke, wir bringen Sie nachher
zu Colonel O´Neill zurück. In ein paar Tagen können wir dann mit dem
Lauftraining beginnen.“
„Wo
ist Anaiis?“ Daniel sah, wie Janet einen ausweichenden Gesichtsausdruck
annahm. „Sie ist draußen und wartet. Daniel, ich verstehe ja, das Sie ihr
viel verdanken und helfen wollen, aber Sie müssen auch an sich denken.“
„Ohne
sie wären wir heute alle nicht hier.“
„Ich
weiß, aber... Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen sie.
Aber sie muss lernen...“
„Wie
soll sie lernen, wenn sie niemanden versteht. Sie hat Angst, da ist es nur natürlich,
dass sie sich an mich klammert.“
„Sehen
Sie, es ist ihnen schon selber aufgefallen.“ Janet sah ihn bitter an. Ja.
Daniel war es aufgefallen, doch wusste er auch nicht, wie er Anaiis helfen
sollte. Wenn er fit gewesen wäre, dann hätten sie nach einer neuen Heimat für
sie suchen können. Denn eins war klar. Hier im Cheyenne Mountain verging sie
wie eine Blume.
Zwei
Stunden nach diesem Gespräch schob ein Pfleger Daniel wieder auf die
Krankenstation neben O´Neill´s Bett. Jack sah ihm erwartungsvoll entgegen
und grinste breit. Vermutlich war ihm ohne Daniel todlangweilig gewesen,
schließlich fesselten ihn seine zerschundenen Beine noch ans Bett..
„Na,
wie war´s? Hat Ihnen unser Doc gleich das ganze Bein abgenommen?“
Daniel
schlug die Bettdecke zur Seite und zeigte Jack sein dick bandagiertes Bein.
Ein Schlauch kam unter dem Verband hervor. „Wow.“ Jack tat beeindruckt.
Daniel
hielt den Splitter hoch und warf ihn zu Jack hinüber. „Nochmal wow, nettes
Andenken.“
„Ich
weiß nicht, ob ich daran wirklich erinnert werden möchte.“ Daniel war müde
und sein Rücken tat ihm weh. Er hatte Janet vor seinem Umzug um ein
Schmerzmittel gebeten und langsam spürte er die Wirkung.
Er
schloss die Augen und ließ sich von dem Scherzmittel in den Schlaf tragen.
Jack lehnte sich ebenfalls zurück in seine Kissen und schloss die Augen.
Keiner der beiden bemerkte das besorgte Gesicht von Anaiis hinter der
Fensterscheibe. Er sah viel schlechter aus. Was hatten sie mit ihm gemacht?
Sie
trat hervor und setzte sich neben Daniel. Vorsichtig nahm sie seine Hand in
die ihre und strich ihm mit der anderen durch das kurze Haar. Niemand würde
sie von ihm fernhalten. Er brauchte sie und sie brauchte ihn. In Daniels Hand
steckte eine dieser Nadeln. Wütend zog sie sie ihm heraus. Daniel brauchte
diese Medizin nicht. Sie würde sich um ihn kümmern. Sanft fuhr sie mit der
Hand über die leicht blutende Einstichstelle und unter dem sich ausbreitendem
warmen Licht verheilte die Stelle in Sekunden.
Ihre
Hände wanderten weiter über sein Bein und Daniel seufzte im Schlaf.
Erschrocken blickte sie auf und genau in die überraschten Augen von Colonel O´Neill.
Keiner von ihnen sagte etwas und Anaiis zog ihre Hand zurück. Sie tat nur
Gutes, er hatte keinen Grund sie aufzuhalten. Also lächelte sie.
„Anaiis,
du solltest nicht hier sein.“ Die junge Frau sah ihn fragend an. Na klar,
sie verstand ihn nicht. Er überlegte kurz, ob er Janet oder einen der Pfleger
rufen sollte, doch sie erhob sich und verließ stumm den Raum.
Jack
blickte ihr nach und dann zu Daniel, der friedlich zu schlafen schien. Also
schloss auch Jack wieder die Augen.
***
Der
General und Sam sahen überrascht auf, als Doktor Fraiser wutentbrannt in das
Büro des Generals hineinstürmte. Eigentlich hatte der General schon
Feierabend, aber wie immer war es länger geworden.
„Sir,
ich empfehle, dass Anaiis unter Bewachung gestellt wird.“
„Ich
vermute für diesen Vorschlag gibt es einen guten Grund, Doktor?“ Er deutete
ihr an sich zu setzen.
„Ja,
Sir. Ich fürchte um die Sicherheit von Dr. Jackson.“ Janet nahm neben Sam
Platz.
„Aber,
Janet, wie könnte sie? Sie ist doch völlig auf ihn fixiert.“
„Das
ist es gerade. Sie nimmt mich als Bedrohung wahr und mit mir meine
medizinischen Maßnahmen. Vor einigen Stunden hat sie eigenmächtig einen
Tropf mit lebenswichtigem Antibiotikum entfernt. Es kann nur sie gewesen sein,
da die Einstichstelle bereits verheilt ist.“
„Aber wenn wir ihr den Zugang
zu Daniel verwehren, wird sie das noch weniger verstehen.“ Sam verstand
Janet, doch lag ihr auch das Wohl von Anaiis am Herzen. Sie hatte soviel für
sie geopfert.
„Soweit
ich das überblicke reicht es vorab, ihr eine ständige Begleitung an die
Seite zu stellen. Ich werde das Notwendige veranlassen.“ Der General sah
erwartungsvoll zu seinem medizinischen Offizier. Janet nickte, obwohl man ihr
ansah, dass sie Anaiis am liebsten ganz von Daniel fernhalten würde.
Am
nächsten Morgen machte sich Sam auf ihren gewohnten Gang zur Krankenstation,
in der Hand wieder einige Kaffeebecher jonglierend. Diesmal würde auch Daniel
in den Genuss kommen. Sam war nicht weiter verwundert, einen Soldaten im
Vorraum vorzufinden. Ein Blick bestätigte ihre Vermutung, Anaiis saß an
Daniels Bett und unterhielt sich mit ihm.
„Guten
Morgen. Jemand Lust auf Kaffee?“
Wie
erwartet reckte der Colonel gleich seinen Arm in die Luft. Daniel folgte
seinem Beispiel lächelnd. Es tat gut, die beiden so gut gelaunt zu sehen.
Theatralisch begann sie, die Herren zu bewirten und verbeugte sich vor ihnen.
„Hey
Daniel, wir brauchen Trinkgeld für den Service! Ich bin grad ohne
Spendierhosen unterwegs.“
„Hab
leider auch keine Hosen an.“ Damit begannen alle drei zu lachen und Sam
setzte sich auf einen Stuhl zwischen den Betten. Daniel wandte sich wieder an
Anaiis, die still geworden war als Sam den Raum betreten hatte. Für einen
Moment war Daniel erschrocken über den Blick, den Anaiis dem Rücken des
Majors zuwarf.
„Anaiis,
was ist los mit dir? Du bist so anders.“ Daniel hoffte, die auch für ihn
fremden Worte richtig ausgesprochen zu haben, schließlich handelte es sich um
einen sehr ungewöhnlichen Dialekt. Sofort richtete Anaiis ihren Blick wieder
auf ihn. „Es ist nichts, Daniel.“ Damit legte sie den Kopf auf das Bett
und strich mit der Hand zärtlich über seinen Arm.
„Du
hattest von euren Traditionen erzählt.“ Daniel versuchte, das Gespräch
wieder dort aufzunehmen, wo es durch Sams Erscheinen unterbrochen wurde, doch
sie antwortete nicht. Statt dessen spürte er, wie seine Haut unter ihrer Berührung
zu kribbeln begann. Es war angenehm und Daniel war versucht, sich dem einfach
hinzugeben. Doch es schadete ihr, das spürte er immer deutlicher.
„Anaiis,
bitte nicht.“ Sanft schob er ihre Hand zur Seite. Anaiis sah verblüfft auf.
Wies auch Daniel sie jetzt zurück? „Warum Daniel? Es ist gut.“
„Aber
es schadet dir. Du hast dich verändert. Manchmal erkenne ich dich nicht
wieder.“ Er holte tief Luft. „Ich weiß, du verstehst hier vieles nicht,
aber glaube mir, niemand will dir hier etwas Böses.“
„Dieser
Ort ist kalt und unfreundlich. Wir sollten nicht hier sein. Wir sollten
gehen.“ Die Bestimmtheit, mit der sie diese Worte sagte, verblüffte ihn.
„Ich weiß, dass ich mich verändere, es ist die Strafe für meinen Bruch
mit den Traditionen, aber auch dieser Ort...“ Sie brach ab und sah Daniel
eindringlich an. „Bitte, Daniel, wir gehören zusammen und müssen gehen.“
Daniel
verstand nicht ganz, worauf sie hinauswollte. Er konnte nicht fort, er hatte
hier eine Aufgabe. Sein Blick schwenkte kurz zu seinen Freunden hinüber, die
sich angeregt unterhielten.
„Nein!“
sie ergriff seinen Arm unterhalb des Handgelenks und Daniel spürte einen
stechenden Schmerz. Doch noch bevor er einen Schmerzensschrei ausstoßen
konnte, versank er in tiefe Bewusstlosigkeit.
Das
alles war so schnell und unauffällig geschehen, dass niemand etwas merkte. Für
einen Außenstehenden musste es so aussehen, als schliefe Daniel wieder.
***
Sam
saß in ihrem Labor und arbeitete an einem neuen Projekt. Doch irgendwie kam
sie nicht voran, immer wieder sah sie auf die Uhr. Dieser Tag wollte und
wollte nicht vorbeigehen. Sie hatte diese Berechnung nun zum x-ten Mal
durchgeführt und noch immer hatte sie keine Lösung gefunden. Frustriert ließ
sie den Stift sinken und blickte erneut auf die Uhr.
Mittagszeit
– ja, sie könnte erst mal was essen. Damit drehte sie sich mit neuem Ziel
und neuem Elan um und verließ das Labor. Auf ihrem Weg kam sie auch an den Gästequartieren
vorbei. Sie wusste nicht, was sie dazu veranlasste, doch sie verharrte kurz
vor der Tür zu Anaiis Quartier. Die Wache war nicht vor der Tür, vermutlich
hing sie schon wieder bei Daniel herum.
Sie
war wollte gerade wieder weitergehen, als sie sah, dass die Tür nur angelehnt
war. Neugierig schob sie die Tür ein wenig zur Seite, doch irgendwas
blockierte sie. Erschrocken stellte sie fest, dass der Soldat, den man zur
Bewachung Anaiis eingeteilt hatte, leblos hinter der Tür lag. Ansonsten war
das Zimmer leer. Schnell überprüfte sie den Puls des Soldaten. Gut, er
lebte. Sie griff zur Sprechanlage.
„Medizinischer
Notfall auf Ebene 19, Gastquartiere.“ Sie hechtete zum Telefon und wählte
die Nummer des Generals. „Sir, Anaiis hat ihren Bewacher überwältigt. Ich
schlage vor, die Krankenstation zu bewachen und den Stützpunkt zu
durchsuchen.“
Sam
legte auf und schritt durch die Tür, wo ihr bereits Janet und zwei Sanitäter
entgegenkamen. „Sam, was ist hier los?“
„Es
ist Anaiis.“ Einer der Sanitäter kümmerte sich bereits um die Wache und
nickte der Ärztin zu. „Sie will sicher wieder zu Daniel. Gehen wir zur
Krankenstation.“
Gemeinsam
rannten sie die Flure entlang und stürmten in das Zimmer, indem ihnen ein
verblüffter Jack entgegenstarrte. „Haben Sie mich so vermisst? Das fi...“
„Sir,
war Anaiis hier?“ Daniel schien noch immer tief zu schlafen. „Sie hat die
Wache überwältigt und ist verschwunden.“
„Nein,
nicht seit heute morgen.“
„Daniel?“
Janet war inzwischen an das Bett des jungen Archäologen getreten und
versuchte, ihn durch leichtes Rütteln an der Schulter wach zu bekommen.
Vielleicht konnte Daniel ihnen erzählen, worüber ihr Gespräch an diesem
Morgen ging.
„Ich
bekomme ihn nicht wach.“ Janet nahm ihre Lampe und leuchtete Daniel in die
Augen. „Er ist bewusstlos.“ Besorgt sah sie zu Sam.
Sams
Gedanken rasten. Was wollte Anaiis bloß?
Zwei
Stunden später betrat der General die Krankenstation. In Janets Büro traf er
auf den Doktor und Major Carter sowie den in einem Rollstuhl sitzenden Colonel
O´Neill. Seine Beine spielten noch immer nicht mit. Er blieb in der Tür
stehen.
„Wenn
dieses Mädchen noch im Komplex ist, dann weiß ich nicht, wo. Wir haben den
gesamten Stützpunkt auf den Kopf gestellt, aber nichts. Wie geht es Dr.
Jackson?“
„Unverändert.“
Sie drehte den Bildschirm ihres Computers zu den anderen. „Dafür habe ich
eine beunruhigende Entdeckung gemacht. Ich habe mir noch einmal die von ihr
genommenen Blutproben angesehen auf der Suche nach Dr. Jacksons
Bewusstlosigkeit.“ Sie wies auf den Bildschirm. „Sehen Sie hier, die
Zellen mutieren. Ich hab noch keine Ahnung, was das bedeutet, aber Anaiis
verwandelt sich.“
„In
was?“ Jack war sichtlich frustriert über seine erzwungene Untätigkeit und
trug dies - für jeden erkennbar - durch seine Miene zur Schau.
***
Sie
beobachtete, wie die Sonne hinter den Bergen versank und setzte sich auf den
Stamm, auf dem sie zuvor mit Sam gesessen hatte. Sie fühlte sich schwach,
zweifelte und starrte in die Sterne. Wie gerne wäre sie wieder daheim. Sie
sehnte sich nach ihren Eltern und für einen Moment überkam sie unendliche
Traurigkeit.
Doch
die Trauer wurde verdrängt, immer mehr Platz forderte die Wut in ihr. Wut über
ihre Eltern und ihr Volk, die sie verstoßen hatten. Wut über die Menschen
dieser Welt hier, die sie so unfair behandelten. Und nicht zuletzt Wut auf
Daniel, weil er nicht für sie da war. Sie hatte das Gefühl, nur noch Platz für
ihre Wut zu haben.
Anaiis
starrte wieder zum Himmel hinauf. Wenn sie dem Ganzen doch nur entfliehen
konnte, zurück auf ihren Planeten oder wohin auch immer. Wenn sie doch die
Zeit zurückdrehen könnte. Sie hatte auch Angst. Zunächst war es die Angst
vor dem Fremden gewesen, dazu war die Angst vor dem Alleinsein gekommen. Sie
hatte sich ausgegrenzt gefühlt. Ihr einziger Rettungsanker war Daniel und
auch seiner war sie sich nun nicht mehr sicher. Doch die meiste Angst hatte
sie vor sich selbst, sie spürte die Hitze der Veränderung in sich.
Ihr
Kopf schmerzte und ihr Körper schien zu brennen. Die körperliche Veränderung
war es jedoch nicht, die sie in Panik auf diesen Berg hatte gehen lassen. Sie
hatte Zeit zum Denken gebraucht und war über eine der Notluken geflohen, die
Sam ihr zwei Tage zuvor gezeigt hatte.
Sie
hatte Daniel Schmerzen zugefügt. Wie hatte sie das tun können? Sie war doch
seine Beschützerin und immer für ihn da! Sie hatte für ihn alles geopfert,
weil sie ihn liebte und nun tat sie ihm weh. Was machte diese Veränderung nur
aus ihr? Sie fühlte sich einem Monster gleich, niemals hätte sie gedacht,
dass die Strafe für ihren Frevel so hätte sein können.
Sie
hatte ihr Selbst, ihr innerstes Ich geopfert, wie konnte Daniel sie da von
sich stoßen. Das dürfte er nicht. Sie alle waren schuld, sie hatten ihn ihr
weggenommen, hatten ihn beeinflusst. Allen voran diese Heilerin. Anaiis hob
ihre Hand und hielt sie sich vor Augen. Sanftes Licht umgab sie und an ihrem
Handgelenk zeigten sich erste Flecken. Doch dann änderte sich das Licht und
kleine rötlich Entladungen umspielten ihre Fingerspitzen.
Sie
war nicht wehrlos, sie könnte Daniel von den anderen zurückfordern oder sie
würde ihre neuen Fähigkeiten an ihnen ausprobieren. Der Gedanke gefiel ihr
und nur kurz regte sich ihr sanftes Selbst, bevor es von dem neuen, den
starken zum Schweigen gebracht wurde. Anaiis lächelte als sie sich das
Gesicht der Heilerin vorstellte, wenn sie mit Daniel durch das Tor ging.
Sollte sie doch versuchen sie aufzuhalten, sie freute sich darauf.
Ja,
sie blickte wieder in die Sterne, sie würde mit Daniel an einen anderen Ort
gehen und niemand würde sie daran hindern. Niemand. Das Knistern um ihre
Fingerspitzen verstärkte sich und sie spürte, dass sie nicht mehr allein
war.
***
Sam
war ihrem Instinkt gefolgt, als sie die Basis verließ und sich an den
Aufstieg machte. An diesem Ort wäre sie selbst gegangen, es war der einzig
logische Ort. Sie wusste, in Anaiis gingen starke Veränderungen vor und wo hätte
sie mehr Ruhe finden können als hier oben. Sam erinnerte sich an ihren
traurigen Gesang und ein Schauder erfasste sie. Etwas an ihr war unheimlich.
Sam
umrundete den letzten Busch und sah ihre Vermutung bestätigt. Anaiis saß auf
dem kleinen Baumstamm und starrte in den klaren Nachthimmel. Sam versuchte,
kein Geräusch zu machen und zog die Zat, die sie vorsichtshalber mitgenommen
hatte. Sie mochte Anaiis und glaubte zu verstehen, was in ihr vorging. Sie
hatte jedoch jemanden verletzt und Sams Instinkt warnte sie, dem unschuldigen
Gesicht Anaiis nicht zu sehr zu vertrauen.
Sie
war sich sicher, keinen Lärm verursacht zu haben, aber die junge Frau
versteifte sich plötzlich und Sam wusste, dass sie ihre Anwesenheit bemerkt
hatte. Langsam wandte sie sich herum und sah Sam stumm an. Sam erschrak bei
dem Anblick. Nichts war mehr in diesem Gesicht, was an die Güte der jungen
Frau erinnerte. Stattdessen starrte sie in ein wütendes Gesicht.
„Anaiis,
bitte, niemand will dir etwas tun. Komm.“ Sam versuchte es eindringlich,
aber mit einfachen Worten, in der Hoffnung, dass die junge Frau sie verstand.
Sie hielt die Hand mit der Zat hinter sich verborgen. Noch immer hoffte sie
auf die Vernunft in ihr, das konnte doch nicht alles fort sein.
„Bitte,
komm.“
Doch
Anaiis legte den Kopf etwas zur Seite und lächelte auf eine grade zu groteske
Art. Es war ein Mischung aus belustigtem Auslachen und hinterlistigem Grinsen.
„Daniel?“
Sie sprach die Worte ganz leise und Sam war sich nicht sicher, was sie davon
halten sollte. Abrupt normalisierte sich Anaiis Gesichtszug und lächelte ihr
wieder völlig unbedarft entgegen, womit sie Sam vollkommen verblüffte.
„Ja,
Daniel, Anaiis. Wir gehen zu ihm. Komm.“ Erleichtert sah sie, wie sich
Anaiis aufrichtete und zu ihr hinüber kam. Nur noch wenig trennte sie von
einander, als Anaiis ihr plötzlich hasserfüllt direkt in die Augen blickte.
Zu spät erkannte Sam ihren Fehler und versuchte, die Zat hoch zu reissen.
Sie
spürte wie ihr Arm auf halber Strecke stoppte, als Anaiis ihn festhielt. Ihr
Griff war wie ein Schraubstock und Sam krümmte sich vor Schmerz. Unerträglich
schoss er durch ihren Arm und schien den direkten Weg in ihr Gehirn zu finden.
Ein Schrei bahnte sich seinen Weg und erstarb, als Anaiis ihre zweite Hand auf
Sams Brust legte.
Die
Welt begann um sie herum zu drehen, als weitere Schmerzen ihre Brust durchstießen
und ihr die Luft zum Atmen nahmen. Sie spürte nicht mehr, wie sie zu Boden
sank.
Anaiis
ließ sie los und lächelte still vor sich hin. Ja, sie würde nun zu Daniel
gehen, ihr Entschluss stand fest. Niemand würde sie mehr hindern, bei ihm zu
sein, auch ihr altes Selbst nicht. Nicht nur der Kampf mit Samantha war
entschieden, auch ihr innerer Kampf war beendet.
***
Daniel
blinzelte und schloss gleich wieder die Augen, da ihn das helle Licht
blendete. Er wandte den Kopf zur Seite und versuchte es erneut und diesmal war
das Licht erträglicher.
Jack
lag in seinem Bett und schlief. Daniel sah zu seiner Hand, in der er ein
leichtes Kribbeln fühlte. Schlagartig erinnerte er sich an das Gespräch mit
Anaiis und richtete sich auf.
Er
sah Janet vor der Tür, die auf ihn aufmerksam geworden war und gerade einen
Wachposten zu instruieren schien. Wachen? Was war bloß geschehen.
„Daniel,
Sie sind wach.“
„Was
ist passiert?“
„Ich
hatte gehofft, dass Sie mir das erzählen, Sie waren mehr als 12 Stunden
bewusstlos.“ Janet nahm seinen Arm und fühlte seinen Puls.
„Wo
ist sie?“
Janet
hätte so tun können als verstände sie ihn nicht, doch es war klar von wem
er redete. „Anaiis? Wir wissen es nicht.“
„Wieso,
was ist geschehen?“ Daniel verstand gar nichts mehr, wo sollte Anaiis denn
hin?
Janet
seufzte und setzte sich an den Rand seines Bettes. „Sie hat Ihnen
geschadet.“ Damit wies sie auf seinen geröteten Arm. „Sie ist völlig auf
sie fixiert und eine Gefahr.“
„Anaiis
würde nie jemanden verletzen...“ Daniel war sich sicher, selten hatte er
ein sanfteres Wesen bei jemanden erlebt. „Daniel, sie hat sich verändert.
Ihr Blutbild zeigt das ebenfalls. Sie hat eine Wache überwältigt. Der Mann
liegt nebenan.“
„Aber...“
Daniel wusste nicht, was er sagen sollte. Natürlich hatte auch er die Veränderungen
wahr genommen. Doch war ihr Verhalten nicht nur natürlich, hier in dieser für
sie so fremden Welt? Er blickte kurz zu Jack, der noch immer zu schlafen
schien.
Janet
sah ihm eindringlich in die Augen. „Daniel, sie ist nicht mehr sie selbst.
Sie ist eine Gefahr. Wenn wir sie finden, werden wir versuchen ihr zu helfen,
aber dafür müssen wir sie erst finden.“
„Daniel!“
Erschrocken
wandte Janet sich um. In der Tür zum Vorraum sah sie Anaiis stehen. Ihr Blick
hatte etwas undefinierbares, sanft zum einen und gleichzeitig unwirklich
aufgesetzt. Janet erhob sich und stellte sich instinktiv vor Daniel. „Anaiis?“
Daniel
beugte sich vor, um Anaiis besser zu sehen. Er spürte das Misstrauen und die
Vorsicht in Dr. Fraisers Stimme. Doch Daniel empfand anders, er war sich
sicher, es Anaiis alles erklären zu können, ihr Misstrauen und ihre
Eifersucht zu zerstreuen.
„Malnei
Anaiis. Wo warst du? Alle haben nach dir gesucht?“ Anaiis kam dabei näher
an das Bett und lächelte Daniel an. „Ich bin hier, um mit dir fortzugehen.
Hier können wir nicht bleiben.“ Sie streifte leicht an Jacks Bett vorbei
und berührte ihn am Arm. Jack seufzte und schlief dann weiter. Doch Daniel
entging nicht das kurze Gleißen als sie ihn berührte.
Janet
bewegte sich leicht zur Seite und versuchte einen Blick auf den Vorraum zu
erhaschen. Daniel war klar, dass sie die Konversation nicht verstand, wohl
aber die Situation. Sie blickte durch das Fenster des Vorraums. Ihr Blick
verriet Daniel, dass dort wohl keine Wache mehr war. Daniel wollte es nicht
glauben, aber es war zu offensichtlich. Janet schob sich weiter zur Seite.
Er
wandte sich ihr wieder zu. „Anaiis, ich kann nicht fortgehen, ich gehöre
hierher. Ich weiß, dir gefällt dieser Ort nicht, aber glaube mir, er ist
nicht so böse wie du denkst.“
„Sie
ist böse. Sie will dich mir wegnehmen.“ Damit wandte sie ihre
Aufmerksamkeit der Ärztin zu, die nun fast den Alarmknopf erreicht hatte.
Anaiis bewegte sich in ihre Richtung, während Janet versuchte, nach dem Knopf
zu langen.
Anaiis
hob die Hand und richtete sie auf die Ärztin. Rötliche Funken stoben aus
ihrer Hand und überbrückten den kurzen Raum zwischen ihnen. Janet schrie
kurz auf, als sie zuckend zusammenbrach. Anaiis ganze Wut entlud sich und
rasch beugte sie sich hinab zu ihr. Eine Hand legte sich auf ihre Brust.
„Anaiis!
Nicht. Bitte lass sie, ich werde auch mit dir gehen.“ Daniel wusste nicht,
wie er sie sonst von Fraiser ablenken sollte. Anaiis ließ von ihr ab und
wandte sich Daniel zu. Daniel sah besorgt zu der reglosen Ärztin und dann zu
Jack. Er war nicht aufgewacht, was seinen Verdacht von vorhin bestätigte.
„Ich
verstehe das nicht, Anaiis.“ Er sah ihr in die Augen und sah die Veränderung
in ihr. „Warum tust du das? Diese Menschen sind meine Freunde. Wie du sind
sie nur um mein Wohlergehen besorgt.“
„Sie
wollten mich fernhalten von dir. Das konnte ich nicht gestatten.“ Die Kälte
in ihrer Stimme erschreckte ihn. Er versuchte, sich weiter aufzurichten, was
eine Schmerzwelle durch sein Bein schickte. Fast unmittelbar spürte er ihre
Hand auf seinem Bein. „Ich werde dir deine Schmerzen nehmen.“
Doch
anstatt der heilenden Wärme entstand unter ihrer Hand eine unerträgliche
Hitze. „Arghhh. Nicht.“ Er stieß ihre Hand beiseite und schnappte nach
Luft. Er sah in ihr erstauntes Gesicht. Die Erkenntnis, dass sie nicht mehr in
der Lage war zu heilen, schien sie wie ein Schlag zu treffen.
„Anaiis,
bitte lass dir von uns helfen.“ Er hoffte, Zeit zu gewinnen. Irgendwann würde
jemand auf die Situation aufmerksam werden. Doch sie zeigte keine Reaktion,
sondern starrte ihre Hand an. „Anaiis.“
„Daniel.“
Sie beugte sich zu ihm herüber. „Du liebst mich doch, Daniel, nicht wahr?
Du wirst bei mir bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass jemand uns trennt.“
Bei diesen Worten kam sie Daniels Gesicht immer näher und ihre Wange berührte
kurz die seine „Bitte, Daniel. Du bist alles, was ich habe. Wir werden auf
immer zusammen sein.“, hauchte sie ihm ins Ohr.
Daniels
Herz raste. Er war gefangen zwischen seiner Angst und ihren Worten. Er konnte
es nicht beschreiben, aber ihre Nähe, ihre Stimme – es war als würde seine
Wahrnehmung aussetzen und nur noch Anaiis Stimme und Berührungen füllten ihn
aus. Er spürte ihre Umarmung, ihren Atem an seinem Gesicht und seinen Namen
in ihrer Stimme.
Es
war so einfach dem nachzugeben. Sie spürte wie ihre Lippen die seinen berührten
und ihr Atem heiß seinen Mund erfüllte. Ihr Atem war sein Atem und ihre
Lippen schlossen sich fester um die seinen. Hitze durchströmte ihn und begann
ihn ganz und gar auszufüllen. Dieses Gefühl war mit nichts vergleichbar. Die
Hitze schien in jeder Pore seines Körpers zu strömen und wurde unerträglich.
Er wusste nicht wie, aber er schaffte es, sie von sich zu schieben.
Er
rang nach Atem und sah in das zornige Gesicht von Anaiis. „Nein... ich kann
nicht... ich.“
***
Sam
schlug schlagartig die Augen auf. Ihr Herz raste wie wild und für einen
Moment wusste sie, nicht wo sie war. Dann spürte sie das Gras unter sich und
sah die Sterne über ihr. Anaiis. Erschrocken fuhr Sam hoch und sah sich um,
doch sie war nicht mehr hier. Sam wurde für einen Moment schwindelig und ein
dumpfer Schmerz schoss durch ihren Arm. Kraftlos hing er an ihrer Seite hinab.
Anaiis
Kräfte waren enorm und sie waren gefährlich. Sam griff mit der linken die
Zat und stemmte sich hoch. Einen Moment drehte sich alles, doch dann klärte
sich ihr Blick und sie machte sich auf den Weg.
Sie
ahnte, wohin Anaiis verschwunden war und Sorge stieg in ihr auf. Es hatte
soviel Wut in ihren Augen gelegen, Sam hatte sich davor erschrocken. Abgehetzt
erreichte sie den Eingang zum Stützpunkt und hetzte an den verblüfften
Wachen vorbei. Sie wartete ungeduldig an den Aufzugtüren. Verdammt. Das ging
nicht schnell genug. Sie griff zum nächsten Telefon und wählte die Nummer
der Krankenstation.
Es
war spät in der Nacht, die Station würde nur schwach besetzt sein, aber
wenigstens die Wache oder Janet müssten rangehen. Es klingelte und Sam sah
nervös zum Aufzug. Ihr Arm war noch immer wie taub. Nichts. Komm
schon, Janet, ich weiß, dass du da bist. Als der Aufzug ankam, ließ sie
den Hörer einfach fallen und stürmte an der verblüfften Wissenschaftlerin
vorbei. Sie hämmerte auf die Schalter und versuchte die Türen mit ihren
Blicken zu schließen. „Nun macht schon...“
***
Anaiis
betrachtete Daniel zornig. „Du weist mich zurück?“
„Anaiis,
versteh doch. Ich...“ Daniel suchte nach den richtigen Worten, doch er
konnte keinen klaren Gedanken fassen. Irgendwas passierte mit ihm, er hatte
das Gefühl zu ertrinken und wusste, dass er sich dagegen wehren musste.
„Ich
verstehe sehr wohl, Daniel. Aber ich habe alles für dich geopfert. Nur für
dich. Du kannst mich nicht abweisen.“ Sie hob ihre Hand und strich ihm die
Wange entlang nach oben, bis ihre Hand an seiner Schläfe ankam und verharrte.
„Wir gehören zusammen, Daniel, und wenn es keinen Ort für uns gibt, werden
wir trotzdem beisammen sein. Für immer.“
Ein
Leuchten entstand unter ihrer Hand und Daniels Gedanken verwirrten sich
zusehends. Sie manipulierte ihn, das spürte er, aber er hatte nicht die
Kraft, sich dagegen zu wehren. Es war so viel einfacher sich dem zu ergeben.
„Anaiis..
nicht.. ich...“ Er keuchte als sie ihren Druck verstärkte. „Doch, Daniel,
wir werden eins sein. Wehre dich nicht.“ Sie senkte erneut ihren Mund auf
den seinen und nahm ihm den Atem. Immer mehr fühlte sich Daniel wie ein
Ertrinkender, doch er spürte wie sein Widerstand nachließ. Es war als würde
er fallen, mitgerissen von Anaiis, die ihn fest umschlungen hielt. Noch immer
sah sie ihn durchdringend an, als sie plötzlich aus seinem Gesichtsfeld
verschwand.
„Laß
ihn!“ Plötzlich löste sich Anaiis von ihm. Er hörte Jacks Stimme wie
durch Watte. Er registrierte nicht mehr, was um ihn herum geschah und starrte
nur geradeaus. Er hatte nicht bemerkt, wie Jack sich aus seinem Bett gestemmt
hatte und sich mit Schwung abstieß.
Jack
hatte kurz zuvor das Bewusstsein wiedererlangt. Im ersten Moment hatte er nur
registriert, wie Anaiis Daniel küsste. Doch dann hatte er gesehen, wie
Daniels Körper sich zunächst versteifte und dann langsam erschlaffte. Sie
tat etwas mit ihm, er wusste nicht was, nur, dass er es verhindern musste.
Sein
Blick war auf die reglose Ärztin gefallen. Nein, hier stimmte etwas ganz und
gar nicht. Er hatte sich aufgestemmt und seine immer noch zu schwachen Beine
über den Rand gleiten lassen. Er musste sie aufhalten. Er sah, wie Daniel
immer blasser zu werden schien. Anaiis schien ihn gar nicht wahrzunehmen.
Jack
wusste, er hatte nur eine Chance. Er stützte sich ab und warf sich mit aller
Wucht gegen sie. Gemeinsam schlugen sie auf dem Boden hinter dem Bett auf und
Jack stöhnte vor Schmerzen auf. Doch er durfte nun nicht aufgeben. Die überraschte
Anaiis wandte sich in seinem Griff und versuchte, sich von ihm zu befreien.
„Du
lässt ihn in Ruhe! Ich werde das nicht zulassen.“ Jack wurde sich im
gleichen Moment bewusst, dass sie ihn ja gar nicht verstand. Ein siedend heißer
Schmerz durchfuhr seine Hüfte. Er spürte ihre Hand dort. Jack stieß sie von
sich fort und griff sich an das Bein. Der Schmerz war noch immer unerträglich.
Anaiis
richtete sich vor ihm auf und starrte ihn finster an. „Waku da Daniel!“
Sie fixierte ihn mit ihren Augen und hob drohend ihre Hand, worauf eine
erneute Schmerzwelle sein Bein durchschoss. Anaiis wandte sich ab und ließ
ihn links liegen. Ihre Aufmerksamkeit galt nun wieder ganz und gar Daniel. Sie
trat an das Bett, in dem Daniel noch immer apathisch lag.
„Daniel.
Wehre dich. Lass es nicht zu.“ Jack fluchte innerlich über seine nutzlosen
Beine, als er sah wie sie sich wieder über seinen Freund beugte. Er wusste,
sie würde ihn mit in den Tod reißen. Ihre Absichten waren klar erkenntlich.
Wenn sie Daniel nicht haben konnte, sollte ihn niemand haben. Jack musste das
verhindern. Er sah, wie Daniel kraftlos versuchte, die Frau von sich
wegzuschieben und erkannte, dass Daniel nicht mehr genug Kraft hatte, um sich
zu wehren.
Jack
sah sich hektisch um, der Alarmknopf war zu weit entfernt und es war
ersichtlich, dass bereits Janet an diesem Versuch gescheitert war. Er hoffte,
dass sie noch lebte. Er traute Anaiis alles zu. Hinter ihm stand ein
Infusionsständer. Jack wusste, er konnte sie so nicht aufhalten, aber
vielleicht Zeit schinden.
Er
schleuderte den Infusionsständer dem Bett entgegen, doch Anaiis sah die
Gefahr kommen und hob einfach ihren Arm und schleuderte den Ständer mit
unsichtbarer Macht zurück zu Jack, der schützend die Arme hochriss. Ein
Schlag traf ihn trotzdem am Kopf und sorgte dafür, dass die Welt um ihn herum
sich zu drehen begann. Nur am Rande bekam er mit, wie Anaiis sich erhob und
den Arm drohend zu ihm ausstreckte.
Plötzlich
umzuckten blaue Blitze den Körper der Frau. Jack blickte verblüfft zur Tür,
wo eine keuchende Carter mit der Zat in der Hand stand. Sein Blick wanderte zu
Anaiis, die eigentlich hatte zusammenbrechen sollen, aber noch immer im Raum
stand. Verwundert wandte sie sich langsam zu Sam herum. Erneut hob sie drohend
ihren Arm zu Sam, die erstaunt zu ihr herüberblickte. Nur wenige hielten
einem Zat-Schuß stand.
„Anaiis,
bitte zwing mich nicht dazu, es würde dich töten.“ Sam fühlte sich an
Martouf erinnert. Auch hier hatte sie den zweiten Schuss abfeuern müssen und
dies bis heute sehr bedauert. „Bitte.“
Anaiis
sah sie nur finster an. „Schiessen Sie, Carter, na los!“
Sam
reagierte ganz automatisch. Erneut betätigte sie den Auslöser und schoss.
Anaiis krümmte sich unter den Entladungen und sank auf die Knie. Sie hätte
tot sein müssen und doch kniete sie am Boden. Ihr Gesicht verzog sich vor
Schmerz und für einen Moment verschwand der Zorn aus ihrem Gesicht und machte
purer Verzweiflung Platz.
„Anaiis,
bitte. Wir wollen dir helfen.“ Carter ging vorsichtig auf sie zu, doch sie
hob erneut den Arm.
„Vorsicht,
Carter.“ Doch Jack hatte sich getäuscht. Die Hand bedrohte nicht Sam,
sondern wanderte weiter, bis sie auf Anaiis eigener Brust liegen blieb. Voller
Verzweiflung sah Anaiis von einem zum anderen und schließlich zu Daniels
Bett. Jack ahnte, was nun kam und er sollte recht behalten.
Unter
der Hand breitete sich ein Licht aus und Anaiis keuchte. Immer stärker und
intensiver erstrahlte es unter ihrer Hand und über ihre Haut wanderten kleine
rote Entladungen. Sie erfassten ihren ganzen Körper und ließen sie
unkontrolliert zucken.
Und
dann war es vorbei. Sie sank zu Boden und bewegte sich nicht mehr.
Für
den Moment war es totenstill auf der im nächtlichen Halbdunkel liegenden
Krankenstation. Sam und Jack verharrten und nur ihr schwerer Atem war zu hören.
Sam musste gerannt sein.
„Sir,
alles in Ordnung mit Ihnen?“ Carter sah ihn atemlos an. Er nickte nur und
setzte sich auf. „Sehen Sie nach Fraiser.“ Sam trat gleich zu der Ärztin
heran und prüfte ihre Vitalfunktionen. „Sie lebt. Sie ist ok.“
Jack
zog sich an Anaiis heran und tastete auch an ihrem Hals nach dem Puls. Nichts.
Er hatte es auch nicht erwartet. Jack zog sich zum Bett und hievte sich daran
hinauf. Daniel war seltsam ruhig. Plötzlich spürte er Carter hinter sich,
die ihm auf die Bettkante half und dann auf die andere Seite des Bettes trat.
Daniel
war leichenblass und starrte ins nirgendwo. „Daniel? Kommen Sie schon,
Daniel. Ich bin es, Jack. Es ist vorbei.“ Besorgt sah er zu Carter. Was
immer Anaiis mit ihm gemacht hatte, er hätte nicht später eingreifen dürfen.
„Ja...
Jack.“ Daniel begann hektisch mit den Augen hin und her zu blicken ohne
wirklich etwas zu fokussieren. Jack nahm sein Gesicht in seine Hände und
zwang ihn so, ihn anzusehen.
„Daniel,
ich bin hier. Es ist alles gut.“ Das war es nicht. Das wusste Jack. Daniel würde
gesund werden, das wusste er. Daniel war eine Kämpfernatur. Aber ein
Seitenblick zu Anaiis, zeigte ihm, welch trauriger Sieg es gewesen war.
Letztendlich hatte sich das Mädchen selbst getötet. Vielleicht, weil es
erkannte, wozu sie geworden war.
Daniel
würde mit diesem erneuten Verlust zu kämpfen haben. Sie alle würden sich
fragen müssen, ob sie es hätten verhindern können. Daniel drehte den Kopf
leicht und folgte Jacks Blick. Soviel Traurigkeit lag in diesem Blick Daniels.
Jack hatte ihm damals geraten, nichts mit einer Außerirdischen anzufangen. Hätte
er damals gewusst, wie dies endet...
Sie
saßen noch so zu dritt auf Daniels Bett, als die ersten Sanitäter und Wachen
eintrafen. Sie kümmerten sich um Janet, die langsam wieder zu sich kam.
Daniels Gesichtsfarbe normalisierte sich zusehends.
Daniel
konnte den Blick nicht von Anaiis abwenden. Das hatte sie nicht verdient. Er
spürte, wie Sam seine Hand ergriff und war dankbar für den Halt, den sie ihm
bot. Er hatte das Gefühl, gehalten werden zu müssen, um nicht den Bezug zur
Wirklichkeit zur verlieren. Zu gern hätte er die Augen geschlossen und sich
dem Schmerz hingegeben, sich darin verloren, doch seine Freunde hielten ihn
und liessen das nicht zu und dafür war er dankbar.
Ende
„Matnei
fal hur. Matnei fal hur.”
“Heile
meine Seele, heile meine Seele.“
„Fal
sharah selmank anu. Matnei
fal hur, matnei fal hur.”
„Mich
schmerzt meine Liebe. Heile meine Seele. Heile meine Seele.“
„Asad
kandu, wahan sh´rtal katee anu, katee anu.“
„Ein
Teil von mir genommen von dir. Liebe, einsame Liebe.
„Waku
da lei, jageenshara sa lei, het me fal hur, het me fal hur. Hat
anu matnei fal hur sharakdon.”
„Mein
Herz, es schmerzt, heile mich. Meine Liebe heile meine Seele von Schmerzen.“
„Matnei
fal hur. Matnei
fal hur sharakdon.”
“Heile
meine Seele. Heile meiner Seele Schmerzen.“
(jadda
2004)